Österreichweit soll ein freiwilliges Coronascreening ein Frühwarnsystem etablieren.

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  • Erstmals seit 19. Mai gibt es wieder über 1.000 aktiv Erkrankte in Österreich. Zum ersten Mal überhaupt hatte Österreich am 16. März die Tausendermarke überschritten.
  • Gesundheitsminister Anschober: Österreichweites Screening-Programm in Risikobereichen wie Altenheimen und Gesundheitseinrichtungen gestartet.
  • Nach positiven Corona-Fällen in Schlachthöfen verschärft Oberösterreich die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus.
  • SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat sich für eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen ausgesprochen.
  • Tönnies-Fleischfabrik: Ein Gericht in Nordrhein-Westfalen hat den Lockdown für Gütersloh aufgrund mangelnder Verhältnismäßigkeit wieder außer Kraft gesetzt.
  • Wiener finden, dass die Hauptstadt gut durch die Corona-Krise gekommen sei. Das geht aus einer Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD hervor.
  • Der Innsbrucker Infektiologe Günter Weiss hält die momentane Coronavirus-Situation in Österreich insgesamt nicht für besorgniserregend und auch für "keine zweite Welle".
  • Slowenien hat am Wochenende fast 800 Personen, die aus den Westbalkanstaaten einreisten, in Quarantäne geschickt. Für Einreisende aus Österreich gibt es keine Beschränkungen.
  • Die Fußball-Bundesliga leitet nach STANDARD-Informationen ein Verfahren gegen Zweitligist Kapfenberg ein. Der KSV 1919 wird verdächtigt, sich nicht an das Präventionskonzept in Sachen Covid-19 gehalten zu haben.
  • In Deutschland trainiert die Bundeswehr zehn Diensthunde in der Corona-Abwehr. Sie sollen das Virus in Speichelproben erschnüffeln.
  • Indien verzeichnet 700.000 Infektionsfälle. Damit sind auf dem Subkontinent mehr Menschen erkrankt als in Russland.

Massenscreening in Risikobereichen startet österreichweit

Seit Montag sind erstmals seit 19. Mai wieder über 1.000 Menschen in Österreich mit dem Coronavirus infiziert. Österreich hatte am 16. März die Tausender-Marke zum ersten Mal überschritten. Aufgrund dieser erhöhten Fallzahlen hat die Corona-Warnampel des Complexity Science Hub Vienna nach vier Wochen Grün für Österreich auf Gelb geschaltet.

Ab sofort würden in potenziellen Risikobereichen 25.000 bis 30.000 freiwillige Tests pro Woche stattfinden, verkündete Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Ziel sei es, in gefährdeten Bereichen wie Altenheimen und Gesundheitseinrichtungen durch regelmäßige Tests ein Frühwarnsystem aufzubauen.

Auch die Coronavirus-Infektionsfälle in oberösterreichischen Fleischverarbeitungsbetrieben und Schlachthöfen sind im Rahmen eines solcher Screenings gefunden worden. "Das unterstreicht die Wichtigkeit und Effektivität unserer erweiterten Teststrategie", sagte Anschober. Für das Programm seien 240 Millionen Euro bis Jahresende vorgesehen. Es wird von Bund und Ländern gemeinsam durchgeführt. Außerdem sollen Personen in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen getestet werden.

Oberösterreich verschärft die Maßnahmen

Nachdem es in Oberösterreich zuletzt einen Anstieg an Neuinfektionen gab – darunter in drei großen Schlachtbetrieben in den Bezirken Ried, Wels-Land und Braunau –, werden dort die Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus verschärft – zum ersten Mal in einem Bundesland nach den allgemeinen Lockerungen. So gilt ab Dienstag, dem 7.7., in allen Amtsgebäuden wieder die Maskenpflicht.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) mahnt, Menschenansammlungen zu meiden, auf die Abstandsregeln zu achten und gegebenenfalls einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Er kündigte Kontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln an. Dort wurde die Maskenpflicht zuletzt nicht ausreichend eingehalten, wie die Infektion einer Schülerin nach einer Zugfahrt von Oberösterreich nach Tirol zeigt. Am Montag sind die Volksschule Mehrnbach (Bezirk Ried) und die Neue Mittelschule Hofkirchen an der Trattnach (Bezirk Grieskirchen) behördlich geschlossen worden. Der "Freikirchen-Cluster" ist von 151 Personen am Wochenende auf insgesamt 157 Fälle gewachsen.

Um das Kontaktpersonen-Management weiter effektiv betreiben zu können, hat Stelzer einen Assistenzeinsatz beim österreichischen Bundesheer angefordert. Die verfügbaren Tests sollen für zehn Millionen Euro ausgebaut werden. Jeder Oberösterreicher solle binnen 30 Minuten eine Teststation erreichen können.

Rendi-Wagner für Wiedereinführung der Maskenpflicht

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner hat sich in einem Interview mit oe24.tv für eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen ausgesprochen. Dort, "wo sich Leute länger aufhalten und wo Abstände nicht eingehalten werden können", sagte sie in dem vorab übermittelten Gespräch. "Supermärkte sind so ein Bereich." Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln sollte weiter darin festgehalten werden. "Es schwächt das Vertrauen, wenn es bei Maßnahmen ein ständiges Hin und Her gibt".

Infektiologe sieht keine "zweite Welle"

Der Innsbrucker Infektiologe Günter Weiss, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin, hält die momentane Coronavirus-Situation in Österreich nicht für besorgniserregend. Es handle sich jedenfalls um "keine zweite Welle". Der Internist gehört dem Beraterstab der Coronavirus-Taskforce im Gesundheitsministerium an.

Die vermehrten "Einzelfälle" seien erwartbar gewesen. Weiss führt dies auf die vermehrte Reisetätigkeit und "aufpoppenden" Corona-Cluster zurück. Sorgen würde er sich erst dann machen, wenn man es österreichweit mit "300 bis 400 Neuinfektionen pro Tag" zu tun habe, die auf "60 bis 70 verschiedene Cluster" zurückzuführen seien.

Wichtig für Weiss wäre, dass die Abstandsregel wieder vermehrt eingehalten werde. Eine Party in Innsbruck mit 1.000 Leuten sei diesbezüglich ein negatives Beispiel. "Da fehlt es einfach an Hausverstand und Verantwortungsbewusstsein."

Franz Allerberger, Leiter des Bereichs Humanmedizin der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages), äußerte sich im ORF-Ö1-"Mittagsjournal" dahingehend, "dass uns im Herbst etwas blühen wird", das genauso häufig wie Grippe und andere Winterinfekte sei.

Türen der Wiener Öffis öffnen nicht mehr automatisch

Fahrgäste, die in Wien mit den Öffis unterwegs sind, müssen beim Ein- bzw. Aussteigen wieder einen Knopf drücken. Die Türen öffnen nicht mehr – wie zu Beginn der Coronavirus-Pandemie eingeführt – bei den Waggons bzw. Bussen der neueren Generation automatisch. Dies wurde rückgängig gemacht, um die Wirkung der Klimaanlage nicht zu beeinträchtigen, betonte man bei den Wiener Linien.

Deutschland: Lockdown beendet, Kinderstudie und Merkel-Plädoyer für Masken

Ein Gericht in Nordrhein-Westfalen hat die nach den Corona-Fällen in der Tönnies-Fleischfabrik erlassenen Beschränkungen im Kreis Gütersloh vorerst außer Kraft gesetzt. Ein Lockdown für das gesamte Gebiet sei nicht mehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbaren.

In Bayern soll eine flächendeckende Langzeitstudie helfen, die Corona-Ansteckungsgefahr bei Kindern zu klären. Sechs Universitätskinderkliniken begleiten beim Projekt "Covid Kids Bavaria" bis voraussichtlich Jänner 2021 die Öffnung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Freistaat wissenschaftlich.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel lehnt unterdessen die seit dem Wochenende in Deutschland diskutierte Abschaffung der Corona-bedingt eingeführten Maskenpflicht in Geschäften ab. "Überall dort, wo im öffentlichen Leben der Mindestabstand nicht gewährleistet sein kann, sind Masken ein wichtiges und aus heutiger Sicht weiter unverzichtbares Mittel", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Slowenien schickte Einreisende aus Bosnien-Herzegowina in Quarantäne

Sloweniens Nachbarländer Österreich, Italien und Ungarn bleiben auf der "grünen Liste", Einreisende aus den Westbalkanstaaten erwarten aber verschärfte Kontrollen an der slowenischen Grenze.
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Fast 800 Einreisende aus den Westbalkanstaaten haben am Wochenende bei der Einreise nach Slowenien Quarantänebescheide erhalten. Am Samstag seien 340 Bescheide ausgestellt worden, am Sonntag weitere 435, teilte das Gesundheitsministerium mit. Bei einem Großteil handle es sich um Personen aus Bosnien-Herzegowina, hieß es.

Wegen des Corona-Ausbruchs in den Westbalkanstaaten hatte die Regierung in Ljubljana am Freitag die Grenzkontrollen verschärft. Aus dem südlichen Nachbarland Kroatien einreisende Personen müssen nun nachweisen, dass sie sich dort aufgehalten haben – etwa mit einer Hotelbuchung. Wer aus einem anderen Westbalkanstaat durchgereist ist, muss sich für 14 Tage in Quarantäne begeben.

Keine Beschränkungen gibt es vorerst für Personen, die sich in Kroatien aufgehalten haben. Allerdings wurde das Land von den slowenischen Gesundheitsbehörden in der vergangenen Woche von der "grünen Liste" der Staaten mit einer guten epidemiologischen Lage gestrichen. Die Nachbarländer Österreich, Italien und Ungarn bleiben vorerst auf dieser Liste.

Die Spürhunde der Bundeswehr suchten in Deutschland bislang nach Sprengstoffen oder Drogen. Nun wird versucht, ob sie auch Coronaviren im Speichel erschnüffeln können.
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Hunde der Bundeswehr sollen Virus erschnüffeln

Diensthunde der deutschen Bundeswehr sollen an Speichelproben infizierter Menschen das Erschnüffeln einer Coronavirus-Infektion erlernen. Die Streitkräfte und die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (Tiho) testen diese Möglichkeit in einem Projekt, an dem zehn Hunde teilnehmen. Beteiligt sind Schäferhunde, Spaniel und Retriever.

Spürhunde können an der molekularen Zusammensetzung eines Geruchs nicht nur Sprengstoffe oder Drogen wahrnehmen, sondern auch verschiedene Krebserkrankungen und eine drohende Unterzuckerung von Diabetikern. Auf dieser Grundlage ist die Idee für das Corona-Projekt entstanden. Derzeit liege die Trefferquote bei 80 Prozent.

Israel verschärft wieder Beschränkungen

Nach einem deutlichen Anstieg von Corona-Neuinfektionen hat Israel am Montag die Beschränkungen zur Eindämmung des Virus verschärft. Das Kabinett um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu entschied nach Angaben seines Büros, dass Festhallen, Bars, Nachtklubs, öffentliche Schwimmbäder und Fitnessstudios bis auf Weiteres schließen müssen.

Der Strand, Religionsschulen und Restaurants sollten dagegen geöffnet bleiben. In Restaurants sollen jedoch neue Einschränkungen gelten: Nur bis zu 20 Gäste dürfen drinnen und bis zu 30 draußen sitzen. In Gebetshäusern dürfen sich nur bis zu 19 Menschen versammeln. In Bussen soll die Zahl der Passagiere auf bis zu 20 beschränkt werden. Die Maßnahmen müssen noch vom Parlament gebilligt werden.

24.000 Neuinfektionen in Indien

Indien ist mit fast 700.000 Coronavirus-Infektionsfällen auf Platz drei der weltweit am stärksten betroffenen Länder gerückt. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, wurden binnen 24 Stunden rund 24.000 weitere Infektionen gezählt. Die Zahl stieg damit auf 697.358. Der Subkontinent überholte damit Russland, wo mehr als 681.000 Fälle registriert wurden.

Die Zahlen in Indien steigen schneller an, seit die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich gelockert wurden, um die Wirtschaft anzukurbeln. Insgesamt starben in Indien nach offiziellen Angaben bisher 19.693 Menschen an dem Virus. Am stärksten betroffen sind die indischen Metropolen: Neu-Delhi und Mumbai zählten beide rund 100.000 Infektionsfälle. (red, APA, 6.7.2020)