Lange wurde sie in dieser Kolumne vernachlässigt. Dass die Maske eine solche Ignoranz gar nicht verdient hat, zeigt sich jetzt. Das Stück Stoff wird in Österreich wieder sichtbarer – und ausgerechnet Kärnten und Oberösterreich preschen vorneweg! Dachten wir nach seinem Auftauchen noch, dass es sich bei dem Stück Stoff um eine vorübergehende Erscheinung handeln würde, darf der Mundschutz nun guten Gewissens als das Accessoire des Jahres 2020 bezeichnet werden.

Das hat zuletzt die deutsche Kanzlerin demonstriert. Lange hatte Angela Merkel öffentliche Auftritte mit Maske vermieden. Erst während einer Pressekonferenz bekannte sie sich auf Nachfrage zum privaten Supermarkteinkauf mit Mund-Nasen-Schutz. (Wie oft Merkel selbst zum Auffüllen des Kühlschranks kommt, steht auf einem anderen Blatt.) Anfang des Monats aber ging ein Stoßseufzer durch die deutschen Medien: Sie trägt doch eine!

Die Wahl Merkels fiel gewohnt pragmatisch aus. Das dunkelblaue Exemplar mit den zwei Gummizügen und dem Signet der deutschen EU-Ratspräsidentschaft war zwar abgestimmt auf Halskette und Kanzlerinnen-Shopper, signalisierte aber vor allem: Ich bin im Dienst!

Angela Merkel zeigte sich am 3. Juli in Berlin zum ersten Mal öffentlich mit Maske.
Foto: AFP/ John Macdougall

Schade eigentlich. Politikerinnen wie Nancy Pelosi oder Zuzana Čaputová haben aus der Pflicht längst eine Kür gemacht: Sie führen vor, dass die Maske als modisches Accessoire funktioniert. Ganz selbstverständlich stimmen sie den Mund-Nasen-Schutz auf Blazer oder Kleid ab.

Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, hat hingegen keine Angst vor Mustern und Farben.
Foto: imago images/UPI Photo
Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová stimmt ihre Masken auf die Outfits ab.

Auch Soyeon Schröder-Kim, die Ehefrau des deutschen Altbundeskanzlers Gerhard Schröder, ist von den Qualitäten des Mund-Nase-Schutzes überzeugt. Wenn sie auf Instagram nicht gerade ihren Ehemann in Szene setzt, zeigt sie auf der Social-Media-Plattform ihre selbstentworfenen Masken. Nur Gerhard, der bleibt bei blauer Baumwolle.

Damit ist der 76-Jähre aber so manchem Herrn auf dem politischen Parkett voraus. Mit den blauen Einwegmodellen vermitteln sie, der Mund-Nasen-Schutz sei nur eine "vorübergehende Gschicht". Ausreißer gibt's zum Glück auch: Rudolf Anschober legte sich bereits ein grasgrünes Modell an, Werner Kogler, der im April beim Einkaufen ohne Mund-Nasen-Schutz erwischt worden war, tat später mit einem auffällig gemusterten Modell Buße.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Mai mit einem grasgrünen Modell.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

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Links Modell Kogler, rechts Modell Kurz: Während die blaue Einwegmaske vermittelt, der Mund-Nasen-Schutz sei eine "vorübergehende Gschicht", tragen die Stoffmasken zur Normalisierung bei.
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Demnächst werfen wir dann einen Blick nach Kärnten und Oberösterreich. Da dürfte es demnächst modisch einiges zu entdecken geben. (Anne Feldkamp, 9.7.2020)