Andreas Mannsberger produziert mit seiner Mabon Film für Sender wie ATV, Servus TV und ORF.

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Wien – Liebeshungrige Singles, Dekozeugs im Vorder- und Schlagermusik im Hintergrund: Die Ähnlichkeiten zwischen dem ATV-Kuppelformat "Alles Liebe" und der ORF-Kultsendung "Liebesg'schichten und Heiratssachen" waren nicht zu übersehen – sehr zum Ärger des ORF. Nach Elizabeth T. Spiras Tod im März 2019 versuchte ATV das Liebesvakuum zu füllen und rückte im Jänner erstmals 2020 "Alles Liebe" ins Programm. Für Andreas Mannsberger, der die fünf Folgen mit seiner Mabon Film produziert hatte, hat die Sendung jetzt ein Nachspiel: Der ORF "sperrt" ihn – wie auch die "Kronen Zeitung" berichtete.

Mannsberger hätte im Mai eine neue Folge der erfolgreichen ORF-Reportagereihe "Am Schauplatz" realisieren sollen, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Die Ausstrahlung war für September geplant. Das Thema: Umweltskandale und Bürgerbewegungen. Dass es nicht dazu gekommen sei, habe mit seinem Engagement für die ATV-Sendung "Alles Liebe" zu tun, so Mannsberger.

"Diktatorische Maßnahmen" vom ORF

Mannsberger drehte in den letzten Jahren regelmäßig Sendungen für "Am Schauplatz". Was ihn besonders ärgert: Der ORF habe sich mit seinen Reportagen geschmückt – beispielsweise mit "Die neuen Rechten", wo er im Jahr 2016 über die "Identitäre Bewegung" berichtet hatte, oder 2015 mit "Tagebuch einer Flucht", einer Dokumentation über die Odyssee syrischer Flüchtlinge –, und jetzt entziehe der ORF seiner Firma einen Teil der wirtschaftlichen Grundlage: Das seien "diktatorische Maßnahmen", die ihn an Zustände wie in Nordkorea erinnerten. In Zeiten von Corona und vieler Drehstopps seien sie doppelt bitter.

Für die Sanktion macht er vor allem Kathrin Zechner verantwortlich, die Programmdirektorin des ORF. Solange sie im Amt sei, werde er keine "Am Schauplatz"-Reportagen mehr produzieren dürfen, befürchtet Mannsberger. Das habe man ihm zwar nicht offiziell, aber hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt. Der ORF-Stiftungsrat wählt die ORF-Führung im Sommer 2021 neu.

Mannsbergers letzte "Am Schauplatz"-Sendung "Die Chinesen und das Rotlicht" lief Ende 2019, zuvor produzierte er für die ORF-Reihe mit seinem Team etwa noch die Sozialreportagen "Leben im Abbruchhaus", "Wohin mit denen, die keiner will" oder "Kampf dem Sozialbetrug".

"Kopie einer renommierten ORF-Sendung"

Auf Anfrage des STANDARD verweist der ORF auf das Statement, das Zechner bereits der "Kronen Zeitung" gegeben hat. "Fast alle ,Am Schauplatz‘-Sendungen werden von der eigenen Redaktion gestaltet. Drei im Jahr werden derzeit an Auftragsproduzenten vergeben", wird Zechner in der "Krone" zitiert. Und: "Herr Mannsberger war mit der Herstellung einer Kopie einer renommierten ORF-Sendung für einen anderen Sender beschäftigt. Im nächsten Jahr können wir aus budgetären Gründen nur eine Auftragsproduktion vergeben. Der Zuschlag dafür ist nicht an bestimmte Firmen gebunden."

Produzent spricht von "Berufsverbot"

Für Mannsberger kommt die "Sperre", wie er den ORF-Liebesentzug nennt, einem "Berufsverbot" gleich. Die ATV-Sendung "Alles Liebe" habe nicht er konzipiert, sondern nur mit seiner Firma produziert. Er beschäftige acht Mitarbeiter, die müssten auch bezahlt werden.

ATV ist der wichtigste Kunde von Mabon Film. Der Privatsender gibt bei der Firma Formate wie "Das Geschäft mit der Liebe", "Wachzimmer Ottakring", "Die Finanzpolizei", "Nacktes Österreich" oder "Einsatz live" in Auftrag. Neben ATV arbeitet Mannsberger auch noch für Servus TV.

ATV vom Vergleich geehrt, neue Folgen werden produziert

ATV ist sich jedenfalls keiner Schuld bewusst. Auf STANDARD-Anfrage heißt es: "Dieser Vergleich (mit Liebsg'schichten, Anm.) ehrt uns. Unser Fokus bei den Singles liegt allerdings noch mehr auf deren Erfahrungen, Wünschen und Sehnsüchten. 'Alles Liebe' nimmt sich Zeit, um die Kandidatinnen und Kandidaten intensiv kennenzulernen."

"Alles Liebe" geht übrigens im Jänner 2021 weiter. Mannsberger produziert für ATV gerade acht neue Folgen der Kuppelshow. Die stärkste Folge der ersten Staffel erreichte einen Marktanteil von 8,9 Prozent in der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen und 189.000 Zuseher im Schnitt. Durchschnittlich erzielte die erste Staffel in der Zielgruppe bis 49 Jahren einen Marktanteil von 5,9 Prozent. Die letzte Staffel der "Liebesg'schichten und Heiratssachen" hatte im Schnitt 888.000 Zuseher pro Episode. Ab Montag, 6. Juli, geht das Kultformat mit zehn Folgen in eine neue Runde. (Oliver Mark, 6.7.2020)