Die aktuellen antirassistischen Proteste bringen auch neuen Schwung in die Diskussion über problematische Begriffe.

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Ganz neu ist das Thema nicht: Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren über die Problematik der Verwendung diskriminierender Begriffe in der Softwareentwicklung gesprochen. Durch die Black-Lives-Matter-Bewegung hat die Diskussion zuletzt aber wieder deutlich an Fahrt aufgenommen. Und nun ist sie beim wohl wichtigsten Projekt der freien Softwarewelt angekommen.

Austausch

Der bei Intel beschäftigte Entwickler Dan Williams schlägt neue Richtlinien für den Linux-Kernel vor. Demnach soll künftig auf die Verwendung des Begriffes "Slave" (also: "Sklave") komplett verzichtet werden. Dieser stünde für ein brutal, rassistisches Unterdrückungssystem und sollte insofern auch im Code nicht reproduziert werden. Auch der Begriff "Blacklist" – als Gegensatzpaar zu "Whitelist" – soll dem Vorschlag zufolge nicht mehr zum Einsatz kommen.

Williams betont dabei, dass es nicht darum gehe, die Vergangenheit zu löschen. Aber die Verwendung einer inklusiven Sprache sei ein wichtiges Puzzlestück, um die Beteiligung an der Kernel-Entwicklung für alle zu öffnen.

Unterstützung

Ob der Vorschlag angenommen wird, ist derzeit noch nicht entschieden, zumindest gibt es aber bereits prominente Unterstützung: Greg Kroah-Hartman, die Nummer zwei in der Kernel-Entwicklung hinter Linus Torvalds, spricht sich für die Änderung aus.

Sollte der Patch von Williams akzeptiert werden, heißt dies allerdings nicht, dass die entsprechenden Begriffe umgehend in allen Bestandteilen des Kernels ausgetauscht werden. Der aktuelle Vorschlag betrifft lediglich die Coding-Style-Richtlinien, die ein Teil der Dokumentation sind. Ob dies dann auch bei bestehendem Code geändert wird, bliebe den Maintainern der jeweiligen Subprojekte überlassen.

Black Hat

Parallel dazu läuft derzeit auch eine hitzige Debatte in der IT-Security-Community: Auslöser dafür war eine Tweet-Serie von Android-Sicherheitschef David Kleidermacher, in der er ankündigt, heuer nicht an der Sicherheitskonferenz "Black Hat" teilzunehmen. Mit der Aktion wolle er eine Diskussion über die Verwendung der Begriffe "Black Hat" und "White Hat" – für böse und gute Hacker – anstoßen. Kleidermacher hätte auf der Konferenz eigentlich einen Vortrag halten sollen.

Das Ziel, eine Diskussion anzuregen, hat der Entwickler damit jedenfalls erreicht, allerdings sind die Reaktionen zu großen Teilen negativ. So verweisen einige darauf, dass die Begriffe "Black Hat" und "White Hat" aus klassischen Western übernommen wurden und nichts mit Hautfarbe zu tun haben. Diesem Argument hatte Kleidermacher aber bereits vorgegriffen und betont, dass es nicht um die ursprüngliche Bedeutung von Begriffen gehe, sondern darum, was sie jetzt symbolisieren – also eben weiß als gut und schwarz als böse.

Ausnahmen

Deutlich weniger kontrovers wird die Debatte bei den Begriffen "Blacklist" und "Slave" geführt. Hier haben große Unternehmen wie Microsoft, Google, LinkedIn oder auch Twitter in den vergangenen Wochen Änderungen angekündigt. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: So haben sich die Entwickler von OpenSSL in einer Abstimmung vor kurzem gegen die Änderung dieser Begriffe ausgesprochen. (red, 06.07.2020)