Wie das Schwert des Damokles schwebt die Corona-Krise über der Weltwirtschaft. Übermäßigen Optimismus lassen die Prognosen für die nahe Zukunft auch nicht unbedingt aufkommen. So revidierte etwa die EU-Kommission in ihrer Wirtschaftsprognose am Dienstag die Erwartungen für Österreich weiter nach unten. Von einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 7,1 Prozent ist die Rede. Im Frühjahr rechnete man noch mit 5,5 Prozent. Der Lockdown ließ im ersten Quartal 2020 den Privatkonsum einbrechen – dieser Rückgang sei etwa zu zwei Dritteln für das Schrumpfen des BIP verantwortlich.

Nichtsdestoweniger scheint sich der Arbeitsmarkt hierzulande allmählich zu erholen. "Die Arbeitslosenzahlen sind weiterhin rückläufig, im Vergleich zur Vorwoche haben etwa 21.000 Menschen einen Job gefunden", sagte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). 442.000 Menschen befänden sich noch auf Arbeitssuche.

400.000 Menschen in Kurzarbeit

Ähnliches gilt für die Kurzarbeit. Auf dem Krisenhöhepunkt befanden sich rund 1,3 Millionen in Kurzarbeit, inzwischen sind es nur noch etwas mehr als 400.000. Die Anträge auf Verlängerung seien überdies stark rückläufig. Für die Kurzarbeit wurden bereits 3,3 Mrd. Euro ausbezahlt, und rund 270.000 Abrechnungen seien bearbeitet. "Das entspricht einer Abrechnungsquote von 94 Prozent", so Aschbacher.

Trotz des positiven Trends gebe es aber Branchen und Gruppen, die wohl auch im Herbst noch auf staatliche Hilfe angewiesen sein werden. Man befinde sich deshalb in intensiven Gesprächen mit den Sozialpartnern, um eine maßgeschneiderte Kurzarbeitsregelung auch für den Herbst zu finden. Aschbacher erwartet, dass sich die Arbeitslosenquote im Jahresschnitt bei zehn Prozent einpendeln werde.

Jugendarbeitslosigkeit

Besorgt äußerte sich die Ministerin über junge Arbeitslose, sie wurden von der Corona-Krise besonders kalt erwischt. Die Zahl der in Schulung befindlichen Jugendlichen sei stark gestiegen, fast 65.000 Jugendliche im Land suchen einen Job. Wie aus Regierungskreisen zu erfahren war, ist angedacht, zusätzliche Lehrstellen in überbetrieblichen Ausbildungsstätten zur Verfügung zu stellen.

Ausgerechnet für jene Menschen, für die während des Lockdowns applaudiert wurde, ist die Gefahr am größten, langfristig arbeitslos zu werden.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Die Industrieländer-Organisation OECD stuft die Situation vor allem bei wenig qualifizierten Jungen als sehr problematisch ein. In ihrer aktuellen Arbeitsmarktprognose zeigt die Organisation, dass vor allem Wenigverdiener am gefährdetsten sind, in die dauerhafte Arbeitslosigkeit zu rutschen. Sozial schwächere Gruppen, gering qualifizierte junge Menschen, Migranten und Frauen traf die Krise am schwersten.

Gefährdete Systemerhalter

Das rührt daher, dass Geringverdiener wenig Chancen auf Homeoffice haben. Also ausgerechnet jene "Systemerhalter", für die während des Lockdowns applaudiert wurde, tragen das größte Arbeitslosigkeitsrisiko: Supermarktmitarbeiter, Pflegekräfte oder Lkw-Fahrer zum Beispiel. Das zieht sich der OECD zufolge auch stringent durch alle 30 Mitgliedsstaaten. Rund 14 Prozent des oberen Viertels mussten ihre Arbeit aussetzen, aber 30 Prozent des unteren.

Industrieländerweit zeichnet die OECD ein "grimmiges Bild", wie es Generalsekretär Ángel Gurría bezeichnete. Auf bis zu 9,4 Prozent soll die Arbeitslosenquote im vierten Quartal steigen. Das wäre der höchste Wert seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren. Diese Annahme stützt sich jedoch darauf, dass es zu keiner zweiten Infektionswelle kommt. Für diesen Fall sprechen Experten von bis zu 12,6 Prozent. Ende 2019 lag die Zahl bei durchschnittlich 5,3 Prozent.

Beispiellose Maßnahmen

Die OECD-Länder hätten in historisch beispiellosem Umfang Maßnahmen ergriffen, um den drohenden wirtschaftlichen Schaden durch die Corona-Krise möglichst gering zu halten. Doch auch wenn die Wirtschaft sich erhole, müsse die Politik weitere Unterstützung leisten, weil die Krise möglicherweise noch andauern werde, heißt es im Bericht.

Die düstere Prognose für den Arbeitsmarkt ist eine logische Folge der OECD-Konjunkturprognose von vor rund einem Monat. Bis Ende 2021 würden die weltweiten Einkommensverluste demnach größer sein als in jeder anderen Rezession der vergangenen hundert Jahre – den Zweiten Weltkrieg ausgenommen.

Vielleicht fühlt sich wegen der Lockerungen vieles als überstanden an. Doch vorbei dürfte die Corona-Krise so schnell noch nicht sein. (Andreas, Danzer, 7.7.2020)