Der designierte Verbund-Chef Michael Strugl ist Mitte Juni für drei Jahre an die Spitze von Österreichs Energie gewählt worden.

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Wien – Dass der Konjunkturmotor langsam wieder in die Gänge kommt, davon zeugen nicht nur sinkende Arbeitslosen- und Kurzarbeitszahlen. Auch der Stromverbrauch nimmt langsam wieder zu. Aktuell liege man über alle Strom produzierenden Unternehmen hinweg etwa sieben Prozent unter den Verbrauchswerten des Vorjahres, heißt es in der Branche.

Zur Erinnerung: Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise ist die Stromnachfrage um bis zu 13 Prozent eingebrochen. Während Privathaushalte aufgrund von Homeoffice und Homelearning in den vergangenen Monaten deutlich mehr elektrische Energie konsumiert haben, war der Einbruch in der Industrie aufgrund von Produktionsstillständen im Zusammenhang mit dem Lockdown massiv. Übers Jahr betrachtet könnte sich der Verbrauchsrückgang bei fünf Prozent einpendeln.

Milliardeninvestitionen geplant

Trotz der noch schwer abschätzbaren Auswirkungen des plötzlich aufgetauchten und wohl nicht so schnell verschwindenden Coronavirus auf die Bilanzen der einzelnen Unternehmen ist die E-Wirtschaft mehr denn je bereit zu investieren.

25 Milliarden Euro koste allein der Zubau an Erzeugungskapazitäten, um das von Türkis-Grün für 2030 anvisierte Ziel von 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen zu erreichen, sagte der Mitte Juni für drei Jahre gewählte neue Präsident von Österreichs Energie, Michael Strugl. Er hat Leonhard Schitter, Chef der Salzburg AG, an der Spitze des Interessenverbandes der Elektrizitätswirtschaft abgelöst. Strugl schiebt ein "aber" hinterher: "Grundsätzlich kann der Sektor das stemmen. Voraussetzung ist natürlich, dass sich die Investitionen rechnen. Und das hängt wieder davon ab, wie der rechtliche und regulatorische Rahmen und wie das Anreizsystem ausgestaltet ist."

Produktions- und Netzausbau

Mit den 25 Milliarden plus 18 Milliarden im Wesentlichen für die Ertüchtigung bestehender und den Bau neuer Stromleitungen ließen sich die erforderlichen 27 Milliarden Kilowattstunden (kWh; gleich 27 Terawattstunden) an zusätzlicher Produktionskapazität stemmen. Unterstellt ist dabei ein österreichweiter Strombedarf im Jahr 2030 von 84 Terawattstunden (TWh), ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zu den gut 70 TWh von heute.

Photovoltaik soll elf TWh zusätzlich beisteuern, Windkraft zehn, Wasserkraft fünf TWh, den Rest sollen Biomasse und andere regenerative Energieformen auffüllen. Weil die Zeit dränge und 2030 quasi übermorgen ist, müsse das lange versprochene Erneuerbare Ausbau Gesetz (EAG) nun rasch kommen. "Um loslegen zu können, brauchen wir Planungssicherheit", sagte Strugl in einer Pressekonferenz am Dienstag.

Starke lokale Wertschöpfung

Gerade die E-Wirtschaft biete aufgrund ihrer regionalen Verankerung einen Hebel, durch Investitionen die Konjunktur insgesamt anzukurbeln. Laut einer Berechnung der Energieagentur brächte die angepeilte 25-Milliarden-Investition eine lokale Wertschöpfung von 18 Milliarden. (stro, 8.7.2020)