Rauchwolken von Waldbränden in Sibirien verschleiernd den Blick aus dem All.
Foto: EPA/NASA

Moskau – Rekordtemperaturen und riesige Waldbrände in Sibirien und im äußerten Osten Russlands beunruhigen Klimaforscher. Allein im Juni hätten die Brände geschätzt 59 Megatonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gebracht – sechs Megatonnen mehr als im Juni des Vorjahres, wie Experten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus am Dienstag mitteilten. Das seien die höchsten Emissionen, die nach Copernicus-Daten in den vergangenen 18 Jahren gemessen wurden. Rekordtemperaturen im arktischen Teil Sibiriens und Trockenheit begünstigten die Feuer.

Besonders betroffen waren die Regionen Jakutien und Tschukotka. Zudem stellten die Klimaforscher in Teilen Sibiriens Temperaturen bis zu zehn Grad über dem Junidurchschnitt fest. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte Temperaturen von stellenweise bis zu 38 Grad. Im Durchschnitt lagen die Werte für den arktischen Teil Sibiriens nach Angaben der Wissenschafter des Copernicus-Klimawandeldienstes (Copernicus Climate Change Service, C3S) fünf Grad über Normal und damit über ein Grad über den bisher wärmsten Junidurchschnitten (2018 und 2019). Im weltweiten Vergleich wies Sibirien die größten Anormalitäten auf, hieß es.

Steilere Temperaturkurve als im Rest der Welt

"Was Besorgnis erregt ist, dass die Arktis sich schneller erwärmt als der Rest der Welt", sagte C3S-Direktor Carlo Buentempo beim Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF). Eine Rolle spielen könnten dauerhaft starke Winde. Zudem seien die Schneedecke und die Feuchtigkeit auf Tiefstständen gewesen. Die geringe Feuchtigkeit habe vor allem zu der Vielzahl von Bränden mit Schwerpunkt im Nordosten Sibiriens beigetragen.

Durchschnittstemperaturen für Juni im arktischen Sibirien im Vergleich zum Durchschnitt von 1981-2010.
Grafik: Copernicus Climate Change Service, ECMWF

Die Lage bei den Waldbränden in Russland ist angespannt – Anfang Juli war eine Fläche von mehr als zwei Millionen Hektar betroffen. Am Dienstag lag der Wert erstmals seit Tagen unter einer Million Hektar. In sieben Regionen des flächenmäßig größten Landes der Erde galt der Ausnahmezustand. Besonders in entlegenen Regionen, in denen keine Menschen wohnen, verzichten die Behörden aus Kostengründen auf Löscheinsätze. Insgesamt sei die Lage schlimmer als Anfang Juli vorigen Jahres, teilte die Umweltschutzorganisation Greenpeace mit.

Schon acht Millionen Hektar abgebrannt

Seit Jahresbeginn brannte nach Darstellung von Greenpeace eine Waldfläche von acht Millionen Hektar ab. Zum Vergleich: 2019 waren nach Schätzungen 15 Millionen Hektar betroffen, eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Bayern. Greenpeace warf den Behörden vor, keine Lehren aus der Brandkatastrophe von 2019 gezogen zu haben und den Klimawandel zu ignorieren.

"Das Unheil in den Wäldern Sibiriens und des Fernen Ostens wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederholen", teilte Greenpeace mit. Auch Städte und Dörfer könnten erneut in dickem Qualm versinken. Das sei in Zeiten der Corona-Pandemie besonders für Menschen mit Atemwegserkrankungen gefährlich, weil in den Kliniken weiter viele Patienten mit der Lungenkrankheit Covid-19 behandelt würden, hieß es. (red, APA, 7.7.2020)