Im Laufe dieser Pandemie haben sich viele Meinungen gedreht. Ein wunderbares Beispiel dafür ist die Maske. Erst rieten WHO und Robert-Koch-Institut (RKI) vom Mund-Nasen-Schutz für Gesunde ab, dann empfahlen sie ihn. Auch Experten hierzulande revidierten ihre Einschätzungen.

Nach Zunahme der Corona-Neuinfektionen übers Wochenende wird derzeit diskutiert, ob die Maskenpflicht womöglich zu früh gefallen ist. Viele Experten glauben – ja. Anfangs war ihre Befürchtung, dass die Menschen sich durch das Tragen von Masken in falscher Sicherheit wiegen, weniger Abstand halten und dadurch die Infektionszahlen steigen. Das hat sich nicht bewahrheitet. Noch ist unklar, welche Maßnahmen genau zum Rückgang geführt haben, die Masken haben aber sicher nicht geschadet.

In Österreich ist die bundesweite Maskenpflicht gefallen.
Foto: imago/Ute Grabowsky

Die Schutzwirkung von Mund-Nasen-Schutz wird nach wie vor nur vermutet und ist nicht wissenschaftlich belegt, es gibt aber auch noch einen anderen Effekt: Die Maske ist ein Zeichen. Sie ist nicht nur das Symbol dieser Pandemie, sie ist auch eine Art Warnschild, das jeder vor sich her trägt, der sie nutzt. Sie symbolisiert, wie auch schon früher auf Bildern aus Asien, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wer Maske trägt, so dachten wir vor Corona, der ist krank oder besonders anfällig. Auch wenn heute Gesunde Masken tragen, die Botschaft bleibt gleich: lieber Abstand halten. Genau um diesen Effekt geht es.

Maskentragen ist eine Kleinigkeit

In Österreich ist die bundesweite Maskenpflicht gefallen. Obwohl auch jetzt, im Supermarkt, Restaurant oder in kleinen Geschäften, der Mindestabstand nicht immer eingehalten werden kann. Wer genau beobachtet, dem fällt auf: Mit den Masken ist auch die Vorsicht verschwunden. Genau deshalb sollten wir in Innenräumen weiter Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn Abstand halten nicht möglich ist.

Zumal es zumutbar ist und nicht wehtut – was macht es schon, wenn wir beim Einkauf im Supermarkt eine halbe Stunde eine Maske anziehen? Statt Geschäfte und Restaurants zu schließen und Ausgangssperren zu verhängen, ist Maskentragen eine Kleinigkeit. Diese Maßnahme macht es möglich, dass wir in vielen Bereichen zu einem Leben, wie wir es vor der Krise kannten, zurückkehren, uns trotzdem vor dem Virus schützen und damit vielleicht sogar verhindern, dass im Herbst die Infektionszahlen wieder steigen.

Vor allem viele Ärzte verstehen nicht – und zwar zu Recht –, wieso Kellner und Verkäufer nun keine Masken mehr tragen müssen. Sie selbst tun es schon immer – zum Schutz der Patienten, nicht zu ihrem eigenen. Sie wissen, was viele Menschen in ihrer Angst vor dem Virus vergessen: Die Maske schützt nicht den Träger, sondern sein Umfeld – da durch die Barriere weniger Tröpfchen in die Umgebung geschleudert werden. Weil viele infiziert sind, ohne es zu wissen, sind letztendlich auch WHO und RKI umgeschwenkt. Allerdings wirkt diese Strategie nur, wenn alle Maske tragen.

Ein Szenario, von dem wir in Österreich derzeit weit entfernt sind. Denn kaum einer trägt einen Mund-Nasen-Schutz, und wer es tut, wird schief angeschaut und ins Eck der besonders Ängstlichen gestellt – schließlich ist es nicht mehr Pflicht. Kann es sein, dass die Österreicher sich immer nur an das halten, was ihnen vorgeschrieben wird? Es liegt an jedem selbst, zu bestimmen, wie es weitergeht. Fakt ist: Diese Pandemie ist noch nicht vorbei. Und am Ende ist die Maske vor allem eines: ein Zeichen der Solidarität. (Bernadette Redl, 9.7.2020)