Wann haben Sie zuletzt einen Feldhamster gesehen?
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Bedrohte Tiere müssen nicht immer Exoten in fernen Ländern sein. Es können auch solche betroffen sein, die wir für alltäglich halten – und von denen wir irrtümlich annehmen, dass sie ohnehin reichlich vorhanden wären. Wem wäre zum Beispiel zum Stichwort "vom Aussterben bedroht" sofort der Feldhamster eingefallen? Doch der könnte in 30 Jahren verschwunden sein, berichtet nun die Weltnaturschutzunion (IUCN).

Trügerische Hoffnung

Und nicht nur Laien können einem Irrtum erliegen, sondern auch Experten. Für Naturschützer ist es nichts Neues, dass die Bestände des Feldhamsters (Cricetus cricetus) in Westeuropa seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf ein bedrohlich geringes Maß geschrumpft sind. Doch hatten sie die Hoffnung, dass es zum Ausgleich für die paar verstreuten Feldhamsterregionen in Mittel- und Westeuropa ja noch den Osten gibt: Dort erstreckt sich das eigentlich riesige natürliche Verbreitungsgebiets des Nagers von Osteuropa bis nach Zentralasien. Die Art als Ganzes schien also nicht in Gefahr.

Doch laut IUCN war das ein Trugschluss. Sie führt den Feldhamster auf ihrer jüngsten Roten Liste nun offiziell als vom Aussterben bedroht – und zwar in seinem gesamten Verbreitungsgebiet. Die Zerstückelung seines Lebensraums durch die Ausbreitung von Kulturflächen sowie die industriell betriebene Landwirtschaft entziehen dem kleinen Graslandbewohner zunehmend die Lebensgrundlage. "Wenn sich nichts ändert, wird der Feldhamster in den nächsten 30 Jahren aussterben", so die IUCN.

Weitere Arten in Gefahr

Zudem gelten auf der aktualisierten Version der Roten Liste schon 103 der 107 Lemuren-Arten als vom Aussterben bedroht, jener einzigartigen Primatengruppe, die es nur auf Madagaskar gibt. 13 Arten mussten in höhere Kategorien hochgerückt werden, darunter Madame Berthes Mausmaki (Microcebus berthae), mit nur rund zehn Zentimetern Länge der kleinste Primat der Welt. Bedroht sind die Lemuren durch fortschreitende Abholzungen und Jagd. Gegenüber auf dem afrikanischen Kontinent gelten mittlerweile 53 Prozent der 103 Primatenarten als stark gefährdet.

Und auch bei den Großwalen, die sich wegen ihres langsamen Fortpflanzungszyklus nur langsam von den Exzessen des Walfangzeitalters erholen, geht der Trend nicht immer in die richtige Richtung: So musste der Atlantische Nordkaper (Eubalaena glacialis), ein bis zu 18 Meter langer Glattwal, nun als vom Aussterben bedroht eingestuft werden. 2018 habe es schätzungsweise nur noch 250 Exemplare gegeben, berichtet die IUCN – vor dem industriell betriebenen Walfang sollen es 100.000 gewesen sein.

Den Nordkapern setzt indirekt der Klimawandel zu: Die steigenden Meerestemperaturen ziehen ihre Beute – kleine Krebstiere – immer weiter nach Norden. Die Wale folgen ihnen, geraten dadurch aber immer öfter in Regionen mit starkem Schiffsverkehr und intensivem Fischfang, werden durch Kollisionen verletzt oder verheddern sich in Netzen. (red, 9. 7. 2020)