Stoff zum Nachdenken für AfD-Fraktionschef Alexander Gauland.

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Der deutsche Verfassungsschutz darf sich laut einem Medienbericht über eine Flut von Informationen freuen. Eine steigende Zahl von Mitgliedern der rechten AfD bietet der Behörde nämlich ihre Spitzeldienste an. Sie wollen den Nachrichtendiensten Informationen über die Rechtsextremisten in den eigenen Reihen liefern, weil sie diese als Gefahr für die eigene Partei sehen, wie der "Tagesspiegel" am Freitag berichtet.

Mitte Juni hatte Brandenburgs Verfassungsschutz den AfD-Landesverband als Verdachtsfall eingestuft und damit wegen rechtsextremistischer Tendenzen unter Beobachtung gestellt. Brandenburg ist mit dieser Einstufung das zweite Bundesland nach Thüringen.

Die beiden Verfassungsschutzämter können nun Funktionäre und Gremien der jeweiligen Landesverbände mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Der AfD-Landesverband wird von Andreas Kalbitz geführt, einem der führenden Köpfe des offiziell aufgelösten, rechtsnationalen Flügels der Partei, der den Namen "der Flügel" trug.

Reger Zulauf von Mitgliedern

"Seit der Einstufung der AfD in Brandenburg verzeichnet der Verfassungsschutzverbund deutschlandweit regen Zulauf von AfD-Mitgliedern, die ihre Zusammenarbeit anbieten", sagte ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums dem "Tagesspiegel". Viele sähen die Rechtsextremismus-Vorwürfe als Gefahr und wollten sich deshalb als Quelle andienen.

Der deutsche Verfassungsschutz geht gleichzeitig davon aus, dass der aufgelöste "Flügel" der AfD weiterhin Einfluss auf das Geschehen in der Partei haben dürfte. Er beobachte die Mitglieder der ehemaligen Parteigruppierung weiterhin sehr sorgfältig, sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang dem ZDF-"Heute-Journal" am Donnerstagabend.

Rassismus schadet der Wirtschaft

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat unterdessen vor den wirtschaftlichen Folgen der wachsenden Gewaltbereitschaft von Extremisten in Deutschland gewarnt. "Sollte sich der Trend des zunehmenden Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit fortsetzen, wird der Wirtschaftsstandort Deutschland in Gefahr geraten und das Wirtschaftsmodell ultimativ scheitern", sagte Fratzscher dem "Handelsblatt" vom Freitag.

Die große Mehrheit der Deutschen wolle in einem toleranten Land ohne Rassismus leben, betonte der DIW-Präsident. "Der zunehmende Rassismus schreckt nicht nur ausländische Menschen und Investoren ab, sondern auch immer mehr Deutsche werden dem Land den Rücken kehren, wenn der Rassismus nicht effektiver bekämpft und begrenzt wird."

Nach dem am Donnerstag vorgestellten Verfassungsschutzbericht stieg im vergangenen Jahr die Zahl extremistischer Straftaten in Deutschland deutlich an. (APA, 10.7.2020)