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Über die ehemalige Führungsriege des Zahlungsdienstleisters werden immer mehr Informationen bekannt.

Foto: REUTERS/Andreas Gebert

Wien/Aschheim – Der untergetauchte Wirecard-Manager Jan Marsalek soll mit Geheimdokumenten über russisches Nervengas und Verbindungen zu Geheimdiensten geprahlt haben. Dadurch habe er versucht, sich bei Londoner Händlern einzuschmeicheln, berichtete die "Financial Times" am Freitag. Marsalek soll auch der FPÖ Informationen aus dem Verfassungsschutz geliefert haben, was Parteivertreter bestreiten.

Marsalek ist vergangenen Monat im Vorfeld des Zusammenbruchs von Wirecard verschwunden. Zuvor soll er mithilfe geheimer Dokumente Verbindungen zu Händlern geknüpft haben, um Spekulanten zu identifizieren, die gegen den Kurs der Unternehmensaktie wetteten. Die Dokumente, auf die sich die "Financial Times" bezieht, enthielten die Formel für das Nervengas Nowitschok, das bei der Vergiftung eines russischen Ex-Spions und seiner Tochter in Großbritannien verwendet wurde.

Marsalek soll FPÖ mit Informationen versorgt haben

FPÖ-Chef Norbert Hofer hatte am Donnerstag die Vorwürfe zurückgewiesen, Marsalek habe die FPÖ mit Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) versorgt. Marsalek, der unter anderem wegen Betrugs und Bilanzfälschung im Wirecard-Skandal international gesucht wird, soll über den Mittelsmann Florian S. Informationen an den damaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus weitergegeben haben.

Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat einen Besuch des untergetauchten Wirecard-Managers Jan Marsalek während seiner Amtszeit bestätigt. Marsalek habe im Sommer 2018 in Anwesenheit von Beamten des Hauses einen Vorschlag im Bereich des Asylwesens präsentiert, sagte Kickl zur APA. Konkret sei es um die Bekämpfung illegaler Einwanderung gegangen. Kickl war laut eigener Angabe nicht dabei.

Kickl: Verfahren bereits vor eigener Amtszeit anhängig

"Meines Wissens gab es keine konkreten Initiativen oder Veranlassungen basierend auf diesem Termin", so der nunmehrige Klubchef der Freiheitlichen am Freitag in seiner Stellungnahme. Die weitere Bearbeitung habe damals die Abteilung für Internationale Angelegenheiten im Innenministerium übernommen.

Kickl kann laut eigener Aussage auch "ausschließen, dass irgendeine Mitteilung, die ich von Johann Gudenus bekommen habe, eine Rolle in Zusammenhang mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen das BVT gespielt hat, auf deren Basis die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt schließlich gerichtlich genehmigte Hausdurchsuchungen durchgeführt hat". Das diesbezügliche Verfahren sei ja bereits vor seiner Amtszeit anhängig gewesen, sagte Kickl. (APA, 10.7.2020)