Paschal Donohoe wird Chef der Eurozone.

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In der irischen Hauptstadt Dublin halten sie schon seit langer Zeit große Stücke auf Paschal Donohoe. Umgänglich und unkompliziert sei der Einser-Absolvent des berühmten Trinity-College, schwärmen politisch und ökonomisch versierte Beobachter. Ganz ungeschickt als Politiker kann der heute 45-Jährige nicht sein, sonst wäre er nicht seit sieben Jahren Regierungsmitglied, seit immerhin drei Jahren im schwierigen Finanzressort.

In Brüssel aber war Donohoe bisher weitgehend unbekannt. Seine Wahl zum Leiter der Eurogruppe hat das schlagartig geändert. Der charmante Ire schlug nicht nur den Luxemburger Kollegen aus dem Feld; als Kandidat der kleineren Mitglieder der Eurozone hatte er auch im Zweikampf mit der spanischen Wirtschaftsministerin und Favoritin der großen Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich und Italien, Nadia Calvino, die Nase vorn.

Ob die saftige Watsch'n für die erfolgsgewohnten Strippenzieher der deutsch-französischen Achse auch ein Menetekel darstellt für die brutalen Finanzverhandlungen der kommenden Woche? Die große Koalition von Dublin unter Premier Micheál Martin hat sich bisher nicht eindeutig positioniert im Konflikt um die Überwindung der Covid-19-Wirtschaftskrise: Sollen die schwer gebeutelten Mittelmeerländer Subventionen aus Brüssel erhalten oder doch wieder nur Darlehen?

Kompromiss gesucht

Donohoe hatte sich als Kompromissfinder verkauft und dabei vom guten Ruf der Iren als fröhlich gesinnten Diskutanten profitiert, die allemal für kreative Lösungen gut sind. Eindeutig stellt seine Wahl aber auch ein Signal dar, es müsse in der Eurozone auch das Verständnis für die Bedürfnisse der kleineren und mittelgroßen Mitglieder gepflegt werden – so formulierte es etwa auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Das kann Donohoe gewiss leisten. Nach Lehrjahren bei der britischen Tochter des US-Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble begann der Aufstieg des Arbeiterkindes in der Dubliner Politik – zunächst im Stadtrat, seit 2011 als Abgeordneter der konservativen Fine-Gael-Partei im Parlament. Staatssekretär für Europa, Verkehrsminister, nunmehr Finanzressortchef – dem verheirateten Vater zweier Kinder war zuletzt selten langweilig. Gemeinsam mit dem EZB-Chefökonomen Philip Lane und Handelskommissar Phil Hogan wird er den Einfluss seines überzeugt EU-freundlichen Landes auf europäische Belange gewiss wahren. (Sebastian Borger, 10.7.2020)