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Charles Michel, Ratspräsident.

Foto: Reuters/Herman

Eine Woche vor dem EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs kommt Bewegung in die Blockaden beim geplanten Wiederaufbaufonds und dem langfristigen Budgetrahmen der Union für die Jahre 2021 bis 2027. Der Ständige Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, hat am Freitag, wie erwartet, einen neuen Vorschlag mit leicht veränderten Budgetansätzen auf den Tisch gelegt.

Damit hofft er vielleicht schon kommenden Freitag einen Kompromiss durchzubringen, wenn sich "die Chefs" erstmals seit Februar wieder physisch zum Spitzengespräch in Brüssel treffen. Michel versuchte auf spezielle Wünsche der Länder einzugehen. Was Österreich betrifft, das sich gemeinsam mit den anderen kleinen Nettozahlerstaaten Dänemark, Schweden und Niederlande vor allem beim Wiederaufbaufonds querlegt, hat der Belgier ein erstes konkretes Zugeständnis gemacht, auch öffentlich bestätigt.

Die sogenannten "Sparsamen Vier" sollen im nächsten Budgetrahmen wie bisher einen Beitragsrabatt erhalten, eine fixe Summe, um die die Zahlungen in die gemeinsame Kassa reduziert werden. Zahlen nannte er allerdings nicht. Beitragsrabatte gab es bisher vor allem wegen Großbritannien, das am 1. Februar aus der Union ausgetreten ist.

Kleine Differenz

An sich wollte die EU-Kommission solche Rabatte nach dem Brexit ganz abschaffen, um im Budget und bei den Einzahlungen der Mitgliedsländer für mehr Transparenz zu sorgen. Dieses Projekt gibt man auf in der Hoffnung, dass die vier Staaten einlenken.

Auffällig an den Vorschlägen ist, dass Michel beim Budgetrahmen bis 2027 leichte Kürzungen vorgenommen hat. Die Kommission wollte zuletzt 1.100 Milliarden Euro auf sieben Jahre. Der Ratspräsident hat etwas weniger vorgesehen, nämlich 1.074 Milliarden Euro. Verteilt auf 27 Staaten wäre das eine relativ geringe Differenz zu dem, was die "Sparsamen Vier" beim letzten Budgetgipfel im Februar gefordert hatten: 1.055 Milliarden.

Experten gehen davon aus, dass es den Regierungschefs in einer Woche gelingen könnte, zumindest beim regulären Budget einen Durchbruch zu erzielen und dieses außer Streit zu stellen, auch wenn es beim Wiederaufbauplan (noch) nicht klappen sollte. Unbekannte sind die Osteuropäer, denen nun Einschnitte drohen. Michel hat den Wiederaufbauplan unverändert vorgeschlagen: mit 750 Milliarden Euro dotiert, wobei 500 Milliarden als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite verteilt werden würden. Die "Sparsamen Vier" pochen darauf, dass das Geld nur als Kredit – vor allem an Spanien und Italien – vergeben wird. Sie sind verhandlungsbereit. Dass es eine Einigung geben kann, zeigte sich bei den EU-Finanzministern: Sie wählten nun den Iren Paschal Donohoe zum neuen Chef der Eurogruppe. (Thomas Mayer, 10.7.2020)