Die Pressesprecherin der Initiative "Platz für Wien", Barbara Laa, fordert im Gastkommentar die SPÖ auf, bei sinnvollen Maßnahmen für den öffentlichen Raum nicht mehr zu bremsen.

Die Wiener Innenstadt soll autofrei werden.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Gespannt haben wir den Gastkommentar der Wiener SPÖ-Bezirkspolitikerinnen und -politiker zum Thema der verkehrsberuhigten Innenstadt gelesen (siehe "Gegen PR-Aktionen und Insellösungen"). Einige Forderungen der Initiative "Platz für Wien" wurden darin übernommen: mehr Raum für Fußgängerinnen und Fußgänger und Fahrräder, Verkehrsberuhigung, mehr Straßenbäume und gerechte Verteilung des öffentlichen Straßenraums. Schlägt sich die Wiener SP noch auf die Seite progressiver Verkehrspolitik?

Die geäußerten Rufe nach einem Gesamtkonzept für die Stadt und einer Einbindung der anderen Bezirke haben aber einen schalen Beigeschmack, immerhin ist die SPÖ seit Jahrzehnten in dieser Stadt an der Macht und mindestens mitverantwortlich für ihre bisherige (Nicht-)Gestaltung.

Eine Verzögerungstaktik

Der Appell zur Einbeziehung aller Bezirke kann auch als Verzögerungstaktik gesehen werden. Zuletzt scheiterten die Verhandlungen eines Updates zum Fachkonzept Mobilität Medienberichten zufolge auch, weil die SPÖ bei vielen sinnvollen Maßnahmen bremst, wie zum Beispiel bei der Umwandlung von Parkflächen – und das, obwohl 2014 bereits beschlossen wurde, dass mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger, Radfahrerinnen und Radfahrer durch Umorganisation des Straßenraums erreicht werden muss. Es zeigt sich, dass die SPÖ selbst sich nicht an ihre beschlossenen Konzepte hält.

Im aktuellen Fall gibt es Bedenken, dass der ruhende und fließende Verkehr in die angrenzenden Wohnviertel verdrängt wird. Einer Verlagerung des Parkdrucks kann einfach entgegengewirkt werden, indem die angrenzenden Bezirke selbst Maßnahmen dagegen ergreifen. Abgesehen davon, dass das Phänomen des Ausweichverkehrs – wenn es überhaupt auftritt – lediglich ein kurzfristiges ist, ist durch eine Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt kein großer Verdrängungseffekt zu erwarten. Viel eher wird es Verlagerungseffekte auf andere Verkehrsmittel geben. Auch Vizebürgermeisterin Birgit Hebein hat in ihrer Antwort richtig erkannt: "Jede Autofahrt weniger in den ersten Bezirk bedeutet auch weniger Verkehr in den umliegenden Bezirken."

Erfolgreiche Strategie

Hätte man die Kärntner Straße oder die Mariahilfer Straße nicht umgebaut und auf ein Gesamtkonzept bestanden, wären sie noch immer Durchzugsstraßen für den Kfz-Verkehr. Warum stellt sich die SPÖ so vehement gegen temporäre Maßnahmen? In der Fachwelt ist das kostengünstige Ausprobieren von Umgestaltungsmaßnahmen längst als erfolgreiche Strategie bekannt. Dabei können die Bewohnerinnen und Bewohner alternative Straßenraumnutzung selbst erleben und Maßnahmen, die sich nicht bewähren, auch rückgängig gemacht werden.

Schließlich ist es auch nicht sinnvoll, Gesamtkonzepte mit Bürgerbeteiligung zu erstellen, ohne Veränderungen zuvor erlebbar zu machen. Aber wer würde heute noch dafür eintreten, die Kärntner Straße wieder für Autos befahrbar zu machen?

Der nächste Rekordhitzesommer zeichnet sich bereits ab. Verkehrsberuhigung und Umverteilung des öffentlichen Raums zugunsten nachhaltiger Mobilität und Begrünung sind als wichtigstes Mittel gegen die Klimakrise unerlässlich. Die damit verbundenen sozialen Probleme treten immer stärker zutage, gerade die SPÖ muss hier dringend eine progressive und einheitliche Linie finden. (Barbara Laa, 13.7.2020)