Ehe sie selbst gegessen wird, hat eine Kuh jede Menge pflanzlicher Ressourcen verschlungen und unbekümmert Methan in die Atmosphäre geblasen – aus Klimaschutzperspektive ist die Fleischwirtschaft also nicht optimal.
Foto: ASHRAF SHAZLY / AFP

Als Treibhausgas ist Methan wesentlich wirksamer als Kohlendioxid – und wird leider in einem Ausmaß freigesetzt, das einen neuen Rekordwert erreicht hat: 2017 gelangten Hochrechnungen zufolge knapp 600 Millionen Tonnen Methan in die Erdatmosphäre, mehr als die Hälfte davon durch – indirekte – menschliche Aktivität. Gegenüber dem jährlichen Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2006 hat sich der jährliche Ausstoß um rund 50 Millionen Tonnen erhöht, ein Zuwachs um neun Prozent. Diese Zahlen stammen aus zwei Studien einer Gruppe um Rob Jackson von der Stanford University, die in den Fachzeitschriften "Earth System Science Data" und "Environmental Research Letters" veröffentlicht wurden.

Über einen Zeitraum von 100 Jahren hat Methan eine 28 Mal stärkere Treibhauswirkung als CO2, über 20 Jahre gerechnet ist die Wirkung sogar 86 Mal stärker, so die Forscher. "Methan ist jetzt für 23 Prozent der globalen Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen verantwortlich", erklärte Ko-Autor Pep Canadell vom CSIRO Oceans and Atmosphere in Canberra.

Die Natur hat noch nicht nachgezogen

Die gute Nachricht: Einen Anstieg der Methanemissionen durch das Auftauen von Permafrostböden – ein Szenario, vor dem es nicht nur Klimaschützern graut – konnten die Forscher zumindest bis 2017 nicht beobachten. Doch während die Methanemissionen aus natürlichen Quellen wie Feuchtgebieten und Vulkanen im untersuchten Zeitraum nahezu gleich geblieben sind, hat sich der Ausstoß durch menschliche Aktivität stark erhöht.

Die Studienautoren nennen hier vor allem die Förderung von fossilen Brennstoffen, Deponien und die Landwirtschaft als Quellen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Viehzucht: "Die Leute scherzen über das Aufstoßen von Kühen, ohne zu wissen, wie groß die Quelle wirklich ist", so Jackson. Die Emissionen von Rindern und anderen Wiederkäuern seien bei Methan fast so hoch wie die der fossilen Brennstoffindustrie.

Drei Weltregionen verzeichneten einen besonders starken Anstieg: Afrika/Naher Osten, China/Südasien sowie Ozeanien inklusive Australien. Haupttreiber sind den Computermodellen zufolge vor allem die Viehzucht und die Verwendung fossiler Brennstoffe. Mit jährlich 4,5 Millionen Tonnen mehr haben auch die USA ihren Anteil an der Emissionssteigerung, vor allem durch die Förderung und Verteilung von Erdgas.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer aus Europa

Europa ist die einzige Weltregion, deren Methanausstoß 2017 gegenüber dem Vergleichszeitraum (2000 bis 2006) leicht gesunken ist. "Richtlinien und ein besseres Management haben die Emissionen aus Deponien, Gülle und anderen Quellen hier in Europa reduziert", erklärte Ko-Autorin Marielle Saunois von der Universite de Versailles Saint-Quentin. Die Europäer äßen mittlerweile auch weniger Rindfleisch und mehr Geflügel und Fisch.

Und Gegenmaßnahmen sind hier tatsächlich besonders effektiv. Methan ist zwar ein potenteres Treibhausgas als CO2, wird in der Atmosphäre aber auch sehr viel schneller abgebaut. Eine Verringerung des menschengemachten Methanausstoßes würde daher schnell Wirkung zeigen, so die Forscher. Es müsste aber eine tatsächliche Trendwende sein – die kurzfristige Reduktion von Treibhausgasen im Zuge der Corona-Lockdowns wird den Forschern zufolge kaum Einfluss auf die Methanemissionen haben. (red, APA, 15. 7. 2020)