Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel empfing den italienischen Premier Giuseppe Conte im Schlossgarten von Meseberg.

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Nicht viel zu tun hatten lange Zeit auch jene, die Angela Merkel chauffieren oder durch die Luft fliegen. Während der Corona-Pandemie war die deutsche Kanzlerin vorwiegend in Berlin und hielt dort meist Videokonferenzen ab.

Doch nun hat sie ihre Reisetätigkeit wiederaufgenommen, schließlich gilt es ein schwieriges Thema – die Verteilung der schuldenfinanzierten EU-Hilfsmilliarden – zu besprechen, und das macht man lieber persönlich. Am Montag fuhr Merkel nach Brandenburg, wo in Meseberg das Schloss als Gästehaus der Bundesregierung genutzt wird. Zu Gast war am Abend der italienische Premier Giuseppe Conte.

Persönliches Treffen in Brüssel

Für beide, Conte und Merkel, steht viel auf dem Spiel, wenn die 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag unter deutscher Ratspräsidentschaft nach langer Zeit wieder persönlich in Brüssel zusammentreffen, um zu beraten, wie der wirtschaftliche Wiederaufbau der EU gelingen soll.

Conte hofft, dass möglichst viele jener 750 Milliarden Euro, die als Hilfe vorgesehen sind, an das besonders betroffene Italien in Form von Zuschüssen verteilt werden und nicht als Kredit. Ebendies erwartet auch sein spanischer Amtskollege Pedro Sánchez, dessen Besuch bei Merkel am Dienstagabend anstand. Gemäß der EU-Kommission sollen 500 Milliarden als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite vergeben werden. Doch da müssen noch die "Sparsamen Vier" (Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark) überzeugt werden, die nicht rückzuerstattende Hilfen ablehnen.

Keine Verzwergung

Im Sinne Merkels – und auch Contes – ist das nicht. Die Kanzlerin betont: "Die Aufgabe ist riesig, und deshalb muss die Antwort auch groß sein." Wichtig sei für den Wiederaufbaufonds "dass das etwas Wuchtiges ist, dass das etwas Besonderes ist, dass das nicht verzwergt wird".

Warum sie großzügig sein will, erklärte Merkel am Dienstagnachmittag in Bayern. Dorthin war sie auf Einladung von Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder gereist, um erstmals an einer Sitzung des bayerischen Kabinetts teilzunehmen. Europa müsse "Wohlstand" garantieren, so Merkel. Sie denkt natürlich an die wirtschaftlichen Auswirkungen, sollte die Exportnation Deutschland keine Abnehmer mehr im Ausland finden.

Söder sieht es ebenso, er sagte Merkel bei dem Treffen in Bayern Unterstützung für ihren EU-Kurs zu. Eine der zentralen Fragen sei nun: "Kann dieses Europa bestehen?" Während der Corona-Krise sei es oft schwierig gewesen, im europäischen Geist zu denken. "Umgekehrt ist es umso wichtiger, dass wir das jetzt tun", sagte er.

Für das Treffen hatte sich der Gastgeber einen besonderen Ort ausgesucht. Er empfing Merkel im Schloss Herrenchiemsee, einem der "Märchenschlösser" des bayerischen Königs Ludwig II., worüber sich die Kanzlerin erfreut zeigte. Nur einmal, als Siebenjährige, sei sie, vor dem Bau der Berliner Mauer, hier gewesen, sagte sie.

Kutschenfahrt mit Söder

Damals hätten aber nur ihre Eltern das Schloss von innen besichtigt, weil man darin auf dem wertvollen Parkett "Hausschuhe" habe tragen müssen. Sie selbst, so Merkel, habe mit ihrer Großmutter draußen in der Hitze gewartet. Jahrzehnte später entschädigte sie Söder nun, indem er sie wie eine Königin empfing. Er fuhr mit ihr in einer Kutsche von der Anlegestelle auf der Insel zum Schloss.

Dem Besuch wurde natürlich große Bedeutung beigemessen, weil Söder in Umfragen, wer denn der geeignetste Kanzlerkandidat für die Union sei, weit vor den CDU-Anwärtern liegt. Natürlich wurde Merkel gefragt, ob sie Söder für kanzlertauglich halte. Doch wer nun den Ritterschlag erwartete, wurde enttäuscht. Da sie selbst nicht mehr zur Bundestagswahl 2021 antrete, habe sie sich "eine besondere Zurückhaltung" in der Frage der Kanzlerkandidatur auferlegt. Nur so viel: "Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten. Mehr werden Sie von mir nicht hören."

Außerdem hat Merkel derzeit ja andere Sorgen. Sie ist sich noch gar nicht sicher, ob die Einigung über die Finanzhilfen für die EU-Staaten schon bei diesem Gipfel gelingen wird: "Die Wege sind noch weit, die zu gehen sind." Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat die Hoffnung auf einen Durchbruch schon gedämpft: "Wenn es noch nicht dieses Wochenende der Fall ist, geht die Welt auch nicht unter."

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bremste ebenfalls. In einem Telefonat mit Merkel am Dienstagnachmittag sagte er: "Einen Einstieg in eine europäische Schuldenunion wird es mit uns nicht geben. Gegenüber unseren Steuerzahlern haben wir eine große Verantwortung. Es sind noch wichtige Fragen offen bei der Umsetzung, welche Summen dafür objektiv notwendig sind und wer konkret dafür aufkommen soll. (Birgit Baumann aus Berlin, 14.7.2020)