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Tiktok wurde in Indien, einem der wichtigsten Märkte für den App-Hersteller Bytedance, verboten. Die USA könnten folgen.

Foto: AP

Vor wenigen Monaten war die Vorstellung, dass die Social-Media-Plattform Tiktok in den USA verboten werden könnte, noch unglaublich – doch mittlerweile haben sich die Fronten verschoben. Die App wird weltweit kritisch beäugt, primär, weil sie aus China stammt. Die indische Regierung hat sie kurzerhand gesperrt und das damit begründet, dass sie eine Gefahr für die "Souveränität und Integrität Indiens" darstellen und die Landesverteidigung, die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung bedrohen könnte.

Damit hat Indien, das zu den wichtigsten Märkten für den Tiktok-Entwickler Bytedance gehört, diese Option auch für die USA eröffnet: Dort wird nun ebenso ein Verbot diskutiert. All das erinnert an die Debatte über den chinesischen Handy- und Netzwerkhersteller Huawei.

Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die App aus China stammt. Damit ist sie dem chinesischen Überwachungsapparat unterstellt, sofern sie Daten in China speichert. Selbst wenn der Entwickler Bytedance das nicht gutheißen würde, kann er eigentlich nichts dagegen tun – denn chinesische Unternehmen sind dazu verpflichtet, mit den Behörden zu kooperieren. Auch deswegen gab Bytedance nach der Sperre der App in Indien an, Daten nicht auf chinesischen Servern, sondern in Singapur zu speichern.

Milliarden Downloads

Tiktok gilt als einer der vielversprechendsten Konkurrenten der sonst meist aus den USA stammenden Social-Media-Giganten, allen voran Facebook. So erreichte die App im Mai zwei Milliarden Downloads, im November 2019 gab sie noch an, von einer Milliarden Menschen pro Monat genutzt zu werden. Anders als Facebook war die App nicht zunächst ein soziales Netzwerk und später ein algorithmusgesteuerter Feed – Bytedance setzte gleich auf Algorithmen und testete den Erfolg auch immer wieder mithilfe von maschinenlernenden Systemen, um die Videplattform bei Nutzern besonders attraktiv und auf diese Weise populär zu machen.

Facebook agierte nicht wie bei Snapchat

Facebook reagierte zu spät auf den Rivalen. Anders war das noch bei Snapchat: Facebook kopierte kurzerhand die "Story"-Funktion seines Widersachers, nachdem sich Snapchat nicht hatte kaufen lassen. Dabei handelt es sich um Bilder oder Videos, die 24 Stunden sichtbar sind und dann verschwinden. Mittlerweile sind diese "Storys" ein enorm beliebtes Feature bei Facebooks Foto-Plattform Instagram – und das war auch das Ziel, denn Facebook wollte vor allem Nutzer von Instagram davon abhalten, Snapchat zu nutzen. Bei Tiktok ist das bisher nicht gelungen.

Ein Grund dafür ist auch die Beschränkung zwischen privat und öffentlich: Anders als bei Tiktok sind Inhalte auf Facebooks und Instagrams Feed auf Beiträge von Freunden begrenzt. Tiktok setzt hingegen auf das, was "viral" geht. Anders als Fernsehsendungen oder Filme sind Onlinevideos schon allein aufgrund ihre riesigen Menge nicht mitzuverfolgen. Tiktok setzt daher auf eine Masse an Inhalten – und dann eine algorithmenbasierte Auswahl, um die besten Videos anzuzeigen.

Nun stellt sich die Frage, wie Bytedance künftig agieren wird: Die Skepsis gegenüber der App steigt. Amazon hatte seinen Mitarbeitern sogar kurzfristig die Verwendung des Programms verboten, dies aber nach einigen Stunden zurückgenommen. Um dem entgegenzuwirken, überlegt das Unternehmen nun, in die USA zu ziehen – denn will die US-Regierung das, könnte die App bald aus dem Play und App Store verschwinden. Für Facebook wäre das jedenfalls ein Grund für Jubel, denn mit Instagram Reels hat das Unternehmen bereits eine Kopie geschaffen. (muz, 15.7.2020)