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Markus Braun (Bild) wird des Insiderhandels verdächtigt. Sein Ex-Manager-Kollege, der flüchtige Jan Marsalek, wird via Haftbefehl international gesucht.

Foto: Reuters / Michael Dalder

Im Fall der kollabierten Wirecard vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht ein neues Puzzlestück publik wird. So hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin nun auch Ex-Vorstandschef Markus Braun wegen Insiderhandels im Visier. Eine Sprecherin der Behörde sagte, man habe bei der Staatsanwaltschaft München Anzeige gegen die MB Beteiligungsgesellschaft erstattet, hinter der Braun steht. Es gehe um den Verkauf von Wirecard-Aktien für 6,6 Millionen Euro am 24. Juni – am Tag bevor der Zahlungsabwickler Insolvenz angemeldet hatte.

Weitere Verkäufe für 3,4 Millionen Euro durch MB zwei Tage vorher würden noch untersucht, sagte die Sprecherin. Braun war da bereits als Vorstandschef zurückgetreten, nachdem das Unternehmen einräumen musste, dass 1,9 Mrd. Euro aus der Bilanz aller Voraussicht nach nicht existierten.

Auch die Investment- und Consultingfirma Spitzberg Partners vom früheren deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat einem Medienbericht zufolge Wirecard beraten. Das Unternehmen Guttenbergs habe mit Wirecard zwischen 2016 und 2020 zusammengearbeitet, berichtete die "Bild"-Zeitung am Mittwoch. "Wir hatten zu keinem Zeitpunkt Zugang zu noch Kenntnis von etwaigen Diskrepanzen in der Bilanzierung", erklärte Guttenberg gegenüber der Zeitung.

Posting gab Hinweis

Genau diesen im Vorfeld der spektakulären Pleite sind die Finanzaufseher ohnehin schon auf der Spur. Die Bafin hatte am Montag erklärt, einen ersten Insiderverdacht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben zu haben. Dabei geht es um ein Posting, das verriet, dass der Wirtschaftsprüfer EY sein Testat verweigern werde. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt, wie bereits berichtet, ob und inwieweit der Österreicher Braun in die Betrügereien verwickelt ist.

Die EU knöpft sich nun die deutschen Aufseher vor. Europas Wertpapieraufsicht ESMA prüft mögliche Versäumnisse der deutschen Finanzaufsicht Bafin und der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) bei der Beaufsichtigung von Wirecard, wie die ESMA am Mittwoch mitteilte. Zugleich werfen Abgeordnete Bafin-Chef Felix Hufeld vor, ihnen Sonderprüfungen der Finanzaufsicht bei der Wirecard Bank verschwiegen zu haben.

Für weitere Schlagzeilen sorgt auch Brauns Ex-Manager-Kollege. Der untergetauchte Jan Marsalek war seit dem Jahr 2011 Ehrensenator der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG), ebenso wie Braun. Wirecard hatte laut Presse den Verein jährlich mit rund 10.000 Euro unterstützt, wie ORFG-Vizepräsident Christoph Matznetter (SPÖ-Abgeordneter) bestätigte. ORFG-Präsident Richard Schenz – Industrie-naher Finanzreferent der Wirtschaftskammer – war nicht zu erreichen. Auch Generalsekretär Florian Stermann wollte auf Nachfrage der APA nichts sagen.

Informationen weitergegeben

Ins Licht sind Stermann und der Verein in der Vorwoche gerückt, als bekannt wurde, dass Marsalek Informationen aus dem Verfassungsschutz an die FPÖ weitergeleitet und den Aufbau einer Söldnertruppe in Libyen geplant haben soll. Letzteres getarnt als Wiederaufbauprojekt und unter Nutzung der Kontakte in der Freundschaftsgesellschaft, in deren Präsidium auch ein Vertreter des Verteidigungsministeriums aktiv ist.

ORFG-Generalsekretär Stermann soll die Infos von Marsalek an die FPÖ – an Johann Gudenus – weitergeleitet haben. Als Ehrensenator in den Verein aufgenommen wurde Marsalek aber mit den Stimmen auch von ÖVP- und SPÖ-nahen Funktionären.

Wegen der Medienberichte ist der Verein nun um Distanzierung zu Marsalek bemüht. Der russische Botschafter Dmitri Ljubinski, Ehrenpräsident des Vereins, ließ ausrichten, dass die Aktivitäten Marsaleks nichts mit der Tätigkeit der Freundschaftsgesellschaft zu tun hätten. Matznetter gibt an, sich nicht daran erinnern zu können, Braun oder Marsalek bei Veranstaltungen des Vereins kennengelernt zu haben. Konsequenzen legt Matznetter aber für Stermann nahe. Ergreife Stermann nach Einschätzung der Lage keine Konsequenzen, werde man wohl darüber reden müssen, wie es weitergehe. (APA, bpf, 15.7.2020)