Friedl Kubelka vom Gröller erkundet sowohl in der Fotografie als auch im Film das Verhältnis zwischen Gesicht und Gefühl.
Foto: Friedl Kubelka Filmstil "Erwin, Toni, Ilse" / Werner Kaligofsky

Am Ende steht da eine junge Frau mit gesenktem Blick und dem Tod im Rücken. Die Aufnahme ist 1975 entstanden und zeigt Friedl Kubelka vom Gröller vor den Mumien aus dem Dom des friaulischen Städtchens Venzone. Als die für ihre Porträtserien bekannte Kubelka dieses Einzelbild Anfang März ans Ende ihrer Ausstellung im Salzburger Museum der Moderne gehängt hat, war bereits abzusehen, dass aus der geplanten Eröffnung vorerst nichts werden würde.

Man sieht also auch einen Kommentar zum Corona-Geschehen, es schwingt darin die leise Ironie einer Künstlerin mit, die sich bis heute nicht wirklich um große Ausstellungen reißt und sich von den Mechanismen des Kunstbetriebs stets möglichst unabhängig halten wollte.

Vor dreißig Jahren hat Kubelka in Wien die Schule für künstlerische Fotografie, später ihre Filmschule gegründet, zwischenzeitlich ließ sie sich auch zur Psychotherapeutin ausbilden. Als Fotografin arbeitet sie unter dem Namen Friedl Kubelka, als Filmemacherin nennt sie sich Friedl vom Gröller: ein Hinweis auf ihren zweiten Lebenspartner Georg Gröller, ironisch zugespitzt auf die zur Zeit ihrer künstlerischen Anfänge noch weitaus ausgeprägtere Tendenz, frau als "die Frau von" zu kategorisieren.

Lebensprojekt: 1972 begann Kubelka im Fünfjahresrhythmus ihre "Jahresporträts" anzufertigen. Mittlerweile ist die Selbstporträt-Serie auf zehn Teile angewachsenen. (Im Bild: Teil 1)
Foto: Friedl Kubelka / Museum der Moderne Salzburg

In erster Ehe war die 1946 in London geborene und zum Teil in Ostberlin aufgewachsene Künstlerin mit Peter Kubelka verheiratet. Die vom Kurator der Sammlung Generali Foundation Jürgen Tabor gestaltete Salzburger Personale Friedl Kubelka vom Gröller. Das Ich im Spiegel des Anderen (sie hat schließlich im Juni eröffnet) nimmt sowohl das filmische wie auch das fotografische Werk in den Blick. Da wie dort gilt Kubelkas Interesse dem psychologischen Porträt. Sie kitzelt es aus dem Gesetz der Serie heraus.

1972 begann sie mit ihrem im Fünfjahresrhythmus entstandenen Lebensprojekt der Jahresporträts, einer mittlerweile auf zehn Teile angewachsenen Serie an Selbstporträts. Das Verhältnis zwischen Gesichtsausdruck und innerer Gefühlswelt erkundet sie auch in Gedankenreihen oder im Tausendteiligen Porträt ihrer Mutter Lore Bondy.

Über Gebäude wandern

Eine schöne Brücke zwischen konzeptueller Fotografin und Experimentalfilmerin schlagen Beispiele für Kubelkas Beschäftigung mit der Architekturfotografie: Statt ikonenhafte Einzelaufnahmen zu schaffen, lässt sie das Auge gleichsam über die Gebäude wandern und montiert Architekturporträts aus mehreren Aufnahmen. In ihren 16-mm-Filmen setzt sie nach frühen Porträtskizzen, die von Nouvelle Vague und Existenzialismus inspiriert sind, zunehmend auf Interaktion.

Wenn sie zwei fremde Männer in ihre Pariser Wohnung einlädt und mit der Kamera ihre Reaktionen auf einen spontanen Striptease aufzeichnet, wird aus der psychologischen Erkundung des Porträts auch eine Auseinandersetzung mit männlichem Begehren und erotischer Spannung.

Japanische Fotografie bis Thöny

Einen Schwerpunkt auf Fotografie setzt derzeit auch das Rupertinum: Die City – Das Land zeigt japanische Fotografie der 60er- und 70er-Jahre, den Grundstein für den diesbezüglich außergewöhnlich reichen Bestand des Museums legte Otto Breicha, der ausgedehnte Recherchereisen nach Japan unternahm. Um dort auf visuelle Auseinandersetzungen u. a. von Kazuo Kitai oder Yutaka Takanashi mit den radikalen Veränderungsprozessen zu treffen, die der rasante ökonomische Aufschwung Japans mit sich brachte.

Die am Mönchsberg geplante Sommerausstellung zu Yinka Shonibare wurde Corona-bedingt auf das Frühjahr 2021 verschoben, auch hier hebt man jetzt bis zum Herbst eigene Schätze, nämlich den Bestand an Werken von Wilhelm Thöny (1888–1949). Ein Schwerpunkt liegt auf den albtraumhaft-düsteren Zeichnungen für sein unveröffentlichtes Buch der Träume. Der Titel Träumen in schwierigen Zeiten wirkt wie ein Kommentar zur Stunde, bezieht sich aber auf die Atmosphäre der Zwischenkriegsjahre, die der Weltbürger Thöny zwischen seiner Heimatstadt Graz, Paris und New York verbracht hat. (Ivona Jelčić, 17.7.2020)