Wien – Keine Frage, der Fußball ist ein ziemlich verrücktes Geschäft. Dass Christian Ilzer über den Sommer von seiner Ausstiegsklausel bei der Wiener Austria Gebrauch machen könnte, ist trotzdem nicht zu befürchten. Die internationalen Interessenten stehen nicht Schlange, der letzte Eindruck zählt. Und Rang sieben in der Tipico-Bundesliga ist für den 42-jährigen Coach eben keine explizite Empfehlung.

Markus Kraetschmer in der Generali-Arena. Bei den Sponsoren ist mit Einbußen "zwischen 20 und 25 Prozent" zu rechnen.
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"Sein Vertrag läuft noch bis Juni 2022. Sollte jemand auf uns zukommen, werden wir uns unterhalten. Derzeit gibt es allerdings kein Angebot", sagt der Vorstandsvorsitzende Markus Kraetschmer im Gespräch mit dem STANDARD. Am Mittwoch beendete die Austria ihre Saison mit einer Nullnummer beim TSV Hartberg und verpasste damit einen Platz in der Qualifikation zur Europa League. Die Darbietung fiel symptomatisch aus, die erste Torchance ergab sich in der 91. Minute.

25-Millionen-Budget anvisiert

Kann man dieser verkorksten Spielzeit etwas Positives abgewinnen? Kraetschmer gibt sich Mühe: "Mit Dominik Fitz, Benedikt Pichler, Patrick Wimmer und Manprit Sarkaria haben wir vier neue Spieler in die Kampfmannschaft integriert. Das kann man auf der Habenseite verbuchen." Mehr fällt dem 48-Jährigen auch nicht ein.

Kraetschmer versteht sich als "Zahlenmensch", kümmert sich in erster Linie um die Finanzen und vermeidet Hasardspiele. Das kommende Budget wurde ohne Einnahmen aus dem Europacup erstellt: "Wir müssen den Plan nicht adaptieren." Mehr Kopfzerbrechen bereitet der Führungsspitze die Corona-Krise. Sie zwingt den Verein zum Abspecken. Zuletzt ging die Austria mit einem Budget von 30 Millionen Euro in die Saison, 2020/21 sollen es 25 Millionen sein.

"Wir wissen nicht, wie sich der Transfermarkt im Sommer verhalten wird", sagt Kraetschmer und nennt ein Beispiel. Alon Turgeman wurde im Winter mit einer Kaufoption an Wisla Krakau verliehen. Der israelische Mittelstürmer kam in Wien nie über die Rolle des Edelreservisten hinaus, bewährt sich nun aber in der polnischen Ekstraklasa und erzielte bei neun Einsätzen sechs Tore. "Wisla würde den Spieler verpflichten, kann unter den derzeitigen Rahmenbedingungen die vereinbarte Ablösesumme aber nicht bezahlen. Jetzt wird neu verhandelt."

Bei den Sponsoreinnahmen rechnet Kraetschmer wiederum mit Einbußen "zwischen 20 und 25 Prozent". Viele Firmen befänden sich selbst in einer unklaren Wirtschaftslage, neue Partner seien derzeit "schwierig zu finden".

Nein, die Veilchen schwimmen nicht im Geld. Die Investitionen in die Infrastruktur haben in den vergangenen Jahren Kapital gebunden. Um sich finanziell wieder etwas Luft zu verschaffen, möchte die Austria Anteile veräußern. Ein "strategischer Investor" könnte demnächst bis zu 49,9 Prozent des Vereins erwerben.

Investor gesucht

Am Verteilerkreis machen Gerüchte die Runde. Unter anderem ist von einem Konsortium aus Saudi-Arabien die Rede. Zeichnet sich bereits ein Deal ab? "Wir sprechen mit verschiedenen Partnern. Dass der Verein Mehrheitseigentümer bleiben will, schreckt manche potenzielle Geldgeber ab. Im Laufe der Saison 2020/21 soll eine Entscheidung getroffen werden. Ob das bereits im nächsten Quartal passiert oder bis zum Sommer 2021 dauert, kann man noch nicht sagen. Wir müssen für den Verein die beste Option finden." (Philip Bauer, 16.7.2020)