Susanne Raab erklärte in der "ZiB 2" ihre Vorstellungen von einer Dokumentationsstelle zum politischen Islam.

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Wien – Integrations- und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) hat in einem "ZiB 2"-Interview ihre Pläne für die Einrichtung einer Dokumentationsstelle für politischen Islam verteidigt und dabei mehrfach die Wiener Stadtregierung angegriffen. Dass im Regierungsprogramm eine Dokumentationsstelle gegen den Extremismus im Allgemeinen vereinbart worden sei, die von ihr geplante sich nun aber ausschließlich mit dem Islam befasse, stimme so nicht, sagte Raab am Donnerstagabend.

Jene Dokumentationsstelle, die sie nun plane, sei vielmehr auch im Regierungsprogramm auf Seite 220 vereinbart, sie fülle eine Lücke. Es gebe die Bundesstelle für Sektenfragen und auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes gegen Wiederbetätigung, für den politischen Islam gebe es derartiges aber nicht. Ob es die im Programm auf der vorangehenden Seite ebenfalls akkordierte "Forschungsstelle Rechtsextremismus und Antisemitismus" auch geben werde, wollte Raab nicht in aller Deutlichkeit sagen.

Susanne Raab (ÖVP) ist Integrationsministerin.
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Ihre Aufgabe als Integrationsministerin sei es jedenfalls, sich nicht vorrangig mit diesen beiden Übeln zu befassen. Vielmehr gehe es darum, all dem entgegenzutreten, was "wir in unserer Gesellschaft nicht haben wollen". Gemeint seien damit Moscheen, in denen Konktaktverbote außerhalb der Religionsgemeinschaft gepredigt würden oder wo Kinder zu Kriegsspielen auftreten müssten. Es gehe aber auch um Gewalteskalationen auf der Straße wie in Favoriten, die es künftig zu verhindern gelte.

Dass es nach neun Jahren, in denen die ÖVP – und den größten Teil der Zeit der nunmehrige Kanzler Sebastian Kurz – Staatssekretariate und Ministerien für Integration innegehabt habe, immer noch derart große Probleme gebe, sei nicht deren Versagen, sagte Raab auf eine Frage von Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher. Man habe viel gegen den Extremismus und den politischen Islam getan, sagte Raab, die etwa das Islamgesetz ansprach. "In den Regionen und Bundesländern" gebe es auch gute Beispiele für Integration, allerdings sei "inbesondere in Wien" auch viel versäumt und zugedeckt worden, wo man nun genauer hinsehen müsse. Man müsse sich "von romantischen Vorstellungen von Multikulti" verabschieden, sagte die Integrationsministerin.

Angriffe auf Wien

Auf Wien, wo am 11. Oktober gewählt wird, kam Raab in Folge noch mehrmals zu sprechen. Der Bund könne nämlich nur Rahmenbedingungen schaffen, etwa jenen die Sozialleistungen streichen, die sich nicht an Kursen beteiligten. Wenn nicht alle Stellen ein gemeinsames Problembewusstsein hätten, könne Integration aber nicht funktionieren. Sie wisse "aus langjähriger Integrationsarbeit", dass in der Bundeshauptstadt da oft weggeschaut worden sei.

"Wenn hunderte junge Männer mit türkischem Migrationshintergrund durch Favoriten ziehen und die zuständigen Stellen nicht von einem Integrationsproblem sprechen", dann habe man "Integration nicht verstanden". Dass es bei den Angriffen rechtsextremer Grauer Wölfe auf linke Kurden nicht um Religion – für die eine Dokumentationsstelle zuständig wäre –, sondern um Nationalismus gehe, wollte Raab so nicht gelten lassen. Es gebe "Graubereiche", Graue Wölfe seien zwar Rechtsextremisten, "aber natürlich schwappt hier auch die Ideologie des politischen Islam herein".

Dass sie Wien auch mit Blick auf die Wahlen angreife, wollte Raab aber nicht sagen. Sie trete für kein Mandat in Wien an und wolle ihre Hände nicht bis zur Wahl in den Schoß legen und ihre Arbeit nicht machen, sagte sie.

Bedeute ihr Zuständigkeitsbereich der Integration aber nicht eigentlich auch, Verbindendes zu suchen, etwa mit jenen, die schon lange Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind? Sie sehe – "in vielen Bundesländern" – viel ehrenamtliches Engagement "von Österreicherinnen und Österreichern", die sich um die Integration dieser Menschen kümmern würden, sagte Raab. Ihr Beitrag als Integrationsministerin? "Wir haben so viel Gutes", so Raab, die ein Kursangebot zur Stärkung von Frauen hervorhob. Dabei gehe es unter anderem um Wertekurse, die man Frauen mit Migrationshintergrund "anbiete".

Deutschkurse gegen Frauenarbeitslosigkeit

Raab, die auch Frauenministerin ist, nahm im Interview danach noch zu den jüngsten Arbeitslosenberichten Stellung, wonach von 64.146 Menschen, die im Zuge der Corona-Krise nach statistischen Berechnungen ihre Arbeit verloren haben, 54.702 Frauen seien. Das erkläre sie sich dadurch, dass nach dem Ende der Krise mehr Männer als Frauen wieder vermittelt worden seien. Grund seien saisonale Aspekte, am Bau würden vor allem Männer gebraucht. Dennoch sei ihr wichtig, dass arbeitslose Frauen wieder "in äquivalente Jobs kommen", weshalb hier verstärkt Mittel eingesetzt werden müssten. Dabei sei es von Bedeutung, dass "alle Frauen gut Deutsch können".

Dass es bei einem neuen Lockdown wieder zu Betreuungssituationen kommen werde, die Frauen besondern belasten, konnte Raab nicht ausschließen. Wichtig sei, alles zu tun, um einen solchen Lockdown zu vermeiden. Es sei ihr auch beim ersten Mal schon wichtig gewesen, dass Schulen offen bleiben – dass dort also, wenn schon kein Unterricht, Betreuung für die Kinder jener Frauen möglich sei, die in systemerhaltenden Berufen tätig seien und daher nicht von zu Hause aus arbeiten und dort zugleich die Kinder beaufsichtigen können. Sie werde weiter darauf pochen, dass es für solche Berufstätige auch Betreuungsangebote gebe. (mesc, 16.7.2020)