SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda will wissen, wie es mit der "Wiener Zeitung" weitergeht.

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Die SPÖ stellt eine parlamentarische Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz über die Zukunft der "Wiener Zeitung". ÖVP und Grüne wollen die "Veröffentlichungspflicht in Papierform in der 'Wiener Zeitung' abschaffen". Die Pflichtinserate machen bisher gut zwei Drittel der Einnahmen der "Wiener Zeitung" aus – eine existenzielle Frage für das Organ der Republik Österreich.

Ein ersatzloses Streichen der Pflichtveröffentlichungen würde die derzeitige finanzielle Grundlage zerstören und wäre ohne Alternativkonzept "das Ende der langen Geschichte dieser traditionsreichen Zeitung", befürchtet SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda. Von einem im Regierungsprogramm beschworenen "neuen Geschäftsmodell" für die "Wiener Zeitung" sei nichts bekannt, beklagt Drozda und will darüber Auskunft vom Kanzler.

"Innovative Geschäftsmodelle"

In einer Anfrage 2018 verwies der damalige Medienminister Gernot Blümel auf innovative Geschäftsmodelle, die für den Entfall der Einnahmen aus Pflichtinseraten zu finden seien, um die Zukunft des Unternehmens zu garantieren.

Ob die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat diesem Auftrag nachgekommen sind, will Drozda nun vom Kanzler wissen: "Bekannt ist nur, dass der derzeitige Geschäftsführer – ein früherer führender Funktionär der Jungen ÖVP, der schon vor seiner Ernennung durch den Bundeskanzler an die Unternehmensspitze als früherer IT-Chef genau für solche Reformen zuständig war– bisher keines dieser Projekte am Markt positionieren konnte."

Keine Presseförderung

Verschärfend käme noch hinzu, dass die "Wiener Zeitung" – anders als andere Tageszeitungen – keinerlei Presseförderung erhalte. Während in der Corona-Krise andere Printmedien Sonderförderungen erhielten, müsse die "Wiener Zeitung" die Einnahmeneinbußen aus eigener Kraft stemmen.

Für den Erhalt der "Wiener Zeitung" sprach sich zuletzt auch die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger im STANDARD-Interview aus: Die Streichung der Pflichtinserate sei so in der Koalition nicht vereinbart. "Aber selbstverständlich müssen wir überlegen, was ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell sein kann, das den Erhalt der ,Wiener Zeitung' absichert."

Corona-Phase sorgt für Verzögerungen

Im Bundeskanzleramt hieß es zuletzt zur "Wiener Zeitung", die Corona-Phase habe die Reformüberlegungen verzögert. Man arbeite weiterhin an alternativen Geschäftsmodellen.

In Richtung neue Geschäftsfelder könnte der jüngste Deal der Wiener Zeitung mit dem Handelsverband gehen. Die Abteilung Corporate Publishing des Republikblatts produziert künftig für den Handelsverband viermal pro Jahr das Fachmagazin "Retail" sowie monatlich Online-Content für retail.at. Im Vordergrund des Relaunchs stehen Innovationen, die den österreichischen Handel voranbringen. Die Themen der ersten Print-Ausgabe: Voice-Commerce, Cybercrime, Podcasts und Tiktok. (red, 17.7.2020)