Finanzminister Gernot Blümel auf den Spuren Bruno Kreiskys.

Foto: Imago

Der "Kurier" hat, weil es gerade aktuell ist, in seiner Donnerstag-Ausgabe dem Finanzminister eine Frage gestellt, die die Tiefe seiner Persönlichkeit bis auf den Grund ausloten sollte. An den studierten Philosophen: Gibt es einen Denker, der Ihnen jetzt oder vorausschauend beim Denken hilft? Darauf eine Antwort zu erhalten wäre interessant gewesen. Österreichische Politiker neigen bei solch intimen Fragen, wenn sie sich in der Fülle des Angebots überhaupt entscheiden können, gern patriotisch zu Karl Popper oder zu dem Erforscher der Graugänse. Gernot Blümel, zu gut trainiert, um in diese Denkfalle zu gehen, überraschte mit Folgendem. An Utopien habe ich nie meine Freude gehabt. Die Frage, ob eine Utopie eine Utopie oder Dystopie ist, das liegt immer im Auge des Betrachters und hat mit der politischen Realität nichts zu tun. Wirtschaftspolitisch gibt es Dinge, die mich überrascht haben, was bei einem studierten Philosophen ohne wenigstens Betriebswirtschaft im Zweitfachnicht überrascht. Nun könnte das Auge des Betrachters mit derpolitischen Realität durchaus etwas zu tun haben, und so war es auch, ging es doch gleich ins politisch Reale.

"Der Blümel redet schon wie der Kreisky"

Als wir das Hilfspaket geschnürt haben, habe ich gesagt, es gibt so viel Geld, wie es braucht, da hieß es: "Der Blümel redet schon wie der Kreisky." Und: "Ist jetzt der Hayek weg und nur mehr Keynes da?" Nun wäre es zu schön, aber verfrüht anzunehmen, der Kreisky hülfe Blümel jetzt oder vorausschauend beim Denken. Denn der ließ sich nicht helfen. Ich glaube, es gilt dasselbe wie immer: Wenn man Keynes ernst nimmt, dann ist in schwierigen Zeiten die Intervention durch den Staat richtig und notwendig. Dann ist es in wirtschaftlich guten Zeiten aber auch richtig, es nicht mehr zu tun. Wenn man es langfristig ständig verbockt, dann hat wiederum Hayek recht. Das ist eine wirtschaftsphilosophisch spannende Debatte.

Dabei sollte man unter Wirtschaftsphilosophen doch annehmen, dass man in schwierige Zeiten gerät, wenn man es langfristig ständig verbockt, weshalb gerade dann nicht Hayek recht hat, sondern Keynes ernst genommen werden sollte. Aber irgendetwas muss man ja daherlabern, wenn einem der "Kurier" goldene Brücken in ein Reich baut, in dem der Unterschied zwischen Utopie und Dystopie lediglich im Auge des Betrachtes liegt.

Die "Wirecard-Operette" schadet

In der "Presse" konnte man sich zunächst nicht entscheiden, wie die Wirecard-Affäre einzuschätzen sei. Das hat sich vielleicht geändert, aber noch am Wochenende trug ein Leitartikel den Titel Schön langsam schadetdie Wirecard-Operette dem Standort. Um den Text mit den Worten zu schließen: Wir haben es mit einer Wiener Melange aus Korruption, Dummheit und Präpotenz zu tun. Sie kommt als Komödie daher, entpuppt sich am Ende aber als Geschichte von großer Traurigkeit.

Wenn sich die Operette in einer Wiener Melange zur Komödie wandelt, um sich am Ende als eine Geschichte von großer Traurigkeit zu entpuppen, dann ist vor diesem Hintergrund nichts anderes zu erwarten, als dass sich Österreich mit derart dilettantischen Aktionen selbst ins Out schießt. Zum Glück ist Österreich seit Ahnentagen gewohnt, hoher Sendung Last zu tragen und sich selbst ins Out zu schießen, was von der "Presse" gelegentlich versüßt wird.

"Vom Stalker verfolgt"

Nur eine Geschichte ist derzeit von noch größerer Traurigkeit, und "Österreich" scheut sich nicht, damit Fellners Geschäft zu betreiben. Von Stalker verfolgt – Tajana Gudenus mit Tod bedroht war Montag der Aufmacher, und seither wird die Geschichte breitgetreten. Nicht ohne Zutun der Betroffenen. Die Ehefrau von Johann Gudenus und Mutter zweier Kinder ging nun offensiv an die Öffentlichkeit.

Ob das helfen wird? Mit "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner sprach Tajana Gudenus auf oe24.TV bei Fellner! Live nun zum ersten Mal über ihr privates Drama und die ständige Angst vor dem unbekannten Täter. Damit war Gudenus, die sich politisch von ihrem Mann distanzierte, persönlich aber stets hinter ihm stand, an der richtigen Adresse. Fellner hat schon die Schicksale der Familie Strache oft und gründlich verarbeitet.

Nur in einem skandalösen Fall ist ihm "Heute" Donnerstag mit Leserhilfe zuvorgekommen. Mitarbeiter des Team HC Strache sollen sich am Dienstag nicht anCorona-Schutzmaßnahmen gehalten haben. Ein Leser beobachtete, wie die Wahlwerber ohne Schutzmasken den Passanten zu nahe kamen. Ungeheuerlich! Das Ibiza-Video, so scheint’s, lässt Stalker einfach nicht ruhen. (Günter Traxler, 19.7.2020)