Parteichef Norbert Hofer hält den Koran für schlimmer als Corona, der Wiener Spitzenkandidat Dominik Nepp hetzt gegen Asylwerber

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Die FPÖ solle ein "modernes rechtskonservatives" Profil bekommen und zu einer "staatstragenden 25-Prozent-Partei" werden, kündigte Norbert Hofer vergangenes Jahr an, nachdem er infolge der Ibiza-Verwerfungen zum FPÖ-Chef aufgestiegen war. In den jüngsten Umfragen liegen die Blauen allerdings gerade einmal bei der Hälfte des avisierten Viertels an Wählerzuspruch – also bei um die 12 Prozent und damit noch unter dem ohnehin schon desaströsen Ergebnis von 16 Prozent der Nationalratswahl. Vom behaupteten Ziel einer ideologischen Modernisierung samt Trennung vom rechtsextremen "Narrensaum", wie es FPÖ-Reformchef Andreas Rabl formuliert hatte, scheint die Partei allerdings noch weiter entfernt zu sein als von Wahlerfolgen. Es fällt zwar – zumal während der medialen Dominanz der Regierung in der Coronakrise – in Oppositionszeiten weniger auf, doch in der Zusammenschau der letzten Monate ergibt sich ein eindeutiges Bild: Die FPÖ propagiert rechtsradikalen Rassismus wie eh und je, munter vorangetrieben von den höchsten Parteifunktionären selbst.

"Unkrautbekämpfungsmittel" ohne Konsequenzen

Da wäre etwa Generalsekretär Michael Schnedlitz, der die FPÖ in unverhohlen brauner Diktion als "Unkrautbekämpfungsmittel" gegen Zuwanderung anpries. Konsequenzen gab es keine, bloß die hermeneutischen Verrenkungen im Nachhinein, um die Identifikation von Migranten mit Unkraut wegzuintepretieren, wirkten etwas unkoordiniert. Schnedlitz selbst behauptete, er habe die Konflikte in Favoriten als schädliche Gewächse bezeichnen wollen; Hofer hingegen wollte den Sager so verstanden wissen, dass sein Kollege nicht die zugewanderten Menschen, sondern der Prozess der Zuwanderung als solchen mit "Unkraut" zu umschreiben intendiert hatte.

Verbale Entgleisungen dieser Art sind indes wohl auch der Bestrebung der FPÖ geschuldet, sich wenigstens rhetorisch noch ein Alleinstellungsmerkmal rechts der ÖVP wahren zu können, wenn es schon in Sachfragen so schwierig ist. Die blaue Hoffnung, dass die ÖVP durch eine Koalition mit den Grünen in der Asyl- und Integrationspolitik rechts eine Angriffsfläche bieten könnte, hat sich bisher ja kaum erfüllt. Die Regierung lehnt es ab, auch nur einen einzigen Flüchtling aus den überfüllten griechischen Lagern aufzunehmen. Und die Reduktion politischer Auseinandersetzungen auf ihre ethnische Dimension – wie anlässlich der Tumulte in Favoriten – beherrscht die türkise Ministerriege mittlerweile so virtuos, dass der FPÖ daneben außer plumper Hetze nicht mehr viel zu bieten bleibt.

Corona und Islam

Um ihr Leibthema dennoch selbst in Zeiten der Pandemie bespielen zu können, versucht die die FPÖ, noch so abwegige Verquickungen zwischen dem Virus und dem Islam diskursiv herzustellen – teils garniert mit einer verschwörungstheoretisch angehauchten Kampagne gegen den vermeintlichen "Corona-Wahnsinn". Auf einer einer entsprechenden Kundgebung sagte Parteichef Hofer: "Ich fürchte mich nicht vor Corona, Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher." Gefährlich ist Sars-CoV-2 laut FPÖ offenbar nur dann, wenn es von Nicht-Österreichern verbreitet wird: So hatte im Mai der Wiener FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp vor einer Infektionswelle durch das "Asylantenvirus" gewarnt, weil von einem Cluster in der Bundeshauptstadt auch ein Flüchtlingsheim betroffen war.

Die blaue Obsession mit dem Islam reicht bis hin zur Debatte um das Maskentragen im öffentlichen Raum – mit gesundheitspolitischen Argumenten halten sich FPÖ-Granden allerdings nicht lang auf. Vielmehr vermeinen sie in der kleinräumigen Bedeckung von Mund und Nase schon den ersten Schritt in Richtung Vollverschleierung zu entdecken. Nepp nennt die Maske demnach "Regierungsburka", Schnedlitz ängstigt sich, dass "wir gleich in den Orient auswandern können, wenn wir uns wieder verschleiern."

Geschichtspolitische Signale an Rechtsextreme

Beim Abstimmungsverhalten im Parlament ist auch nichts von einer programmatischen Modernisierung bei der FPÖ sichtbar. Stattdessen werden geschichtspolitische Signale an die antisemitische und revisionistische Hardliner-Klientel ausgesendet. Im Nationalrat stimmte die FPÖ einzige Partei gegen die Stiftung eines "Simon-Wiesenthal-Preis", der künftig Personen auszeichnen soll, die sich gegen Antisemitismus engagieren. Die FPÖ wollte partout nicht, dass der Preis nach dem Holocaust-Überlebenden benannt wird, der nach dem Krieg Nazi-Verbrecher ausforschte und auch der dunklen SS-Vergangenheit des einstigen FPÖ-Chefs Friedrich Peter auf die Spur gekommen war. Reine Provokation war denn auch der Gegenvorschlag der FPÖ, den Preis nach Bruno Kreisky zu benennen, der Wiesenthal seinerzeit als Gestapo-Kollaborateur verleumdet und ihn wiederholt auf unterirdische Weise diffamiert hatte, um Peter den Rücken zu stärken.

Zuletzt votierte die FPÖ im Unterschied zu allen anderen Fraktionen gegen eine Untersagung der Ustaša-Treffen im Kärntner Bleiburg. Die Zusammenkünfte dienten in der Vergangenheit als Aufmarschort für Rechtsextreme, die dort den kroatischen Faschisten sowie der NS-Wehrmacht mit einschlägigen Symbolen huldigten. (Theo Anders, 27.7. 2020)