Nach Angaben der Feuerwehr wurde bei dem Brand die große Orgel in der Kathedrale vollständig zerstört.

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Die Suche nach einem möglichen Brandstifter geht nach dem Feuer in den Kathedrale von Nantes weiter. Jener 39-Jährige, den die Behörden am Wochenende festgenommen hatten, wurde am Sonntagabend wieder freigelassen. Es gebe keine weitere Strafverfolgung, der Mann gelte nicht mehr als Verdächtiger, teilten die Behören mit. Örtliche Medien hatten schon zuvor zahlreiche Bekannte des Mannes zitiert, die ihn nicht für den Verursacher des Feuers gehalten hatten. Der Freiwillige im Kirchendienst, der für das Auf- und Zusperren des Gotteshauses zuständig gewesen war, verehre die Kirche, er würde sie niemals zerstören, sagte ein Kollege der BBC.

Der Brandalarm erfolgte am Samstagmorgen um 7.44 Uhr. Die Kathedrale öffnet ihre Pforten aber erst um acht Uhr. Das veranlasste die Polizeiermittler, im Umfeld der Kathedrale zu suchen.

Feuer an drei verschiedenen Stellen ausgebrochen

Staatsanwalt Pierre Sennès hatte von Beginn an erklärt, es dürfte sich um Brandstiftung handeln. Das Feuer war an drei – überdies neuralgischen – Stellen des Gotteshauses ausgebrochen: rechts und links des Altars sowie bei der Hauptorgel in dreißig Meter Höhe. Das zeugte laut Sennès von einer "Unterschrift". Einbruchspuren wurden nicht gefunden, die führte die Ermittler auf die Spur des Freiwilligen: Noch am gleichen Abend nahmen sie den Kathedralen-Angestellten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft warnte aber schon da vor "vorschnellen" Schlüssen.

Der Tathergang lässt darauf schließen, dass der Brandstifter – wer immer es war – entweder unüberlegt handelte oder seine Urheberschaft nicht wirklich zu kaschieren suchte. Französische Medien verweisen darauf, dass der Brand der Pariser Notre-Dame viele Gläubige verstört hatte. Eine Art "Nachahmertat" – auch wenn in Paris ein Arbeitsunfall als Brandursache angenommen wird – wird auch deshalb für möglich gehalten, weil die Coronakrise die gesellschaftlichen und zum Teil persönlichen Spannungen verschärft hat; psychiatrische Fälle nehmen derzeit landesweit zu.

Hauptorgel zerstört

Der Kathedrale von Nantes haftete jedenfalls seit einem Großbrand 1972 eine Märtyrer-Aura an. Damals hatte sie wie ihre große Pariser Schwester Schaden genommen. Der Wiederaufbau dauerte 13 Jahre – dreimal länger als die geplante Renovierungsdauer der Notre-Dame, die auf Drängen von Präsident Emmanuel Macron schon 2024 wieder öffentlich zugänglich sein soll.

Die neusten Schäden an der mehr als 300 Jahre alten, den Aposteln Peter und Paul gewidmeten Kathedrale von Nantes halten sich vergleichsweise in Grenzen. Die Baustruktur selbst ist wenig betroffen. Die Hauptorgel wurde hingegen vollständig zerstört; auch Glasfenster und wertvolle Gemälde erlitten unreparierbare Schäden. Die Basilika könnte laut Bauexperten in zwei Jahren wieder ihre Tore öffnen. (Stefan Brändle aus Paris, 19.7.2020)