Aus seiner Nase kommen keine infektiösen Viruspartikel, seine Maske ist ein Symbol für die Pandemie.

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Noch ist es zwar nicht bestätigt, aber die Vorzeichen scheinen kaum Zweifel zu lassen: Die Bundesregierung diskutiert über eine Wiedereinführung des Mund-Nasen-Schutzes. Grund: Da die Infektionszahlen steigen, mehren sich mit der bereits bekannten Verzögerung von drei Wochen auch die Patienten, die mit schweren Verläufen im Spital behandelt werden müssen. Seit 29. Mai sind es erstmals wieder über 100. Derzeit werden 112 Covid-Patienten im Krankenhaus versorgt, 16 davon auf Intensivstationen.

Im Gesundheitsministerium sind diese Zahlen ausschlaggebend. Ende letzter Woche hatte Minister Rudolf Anschober (Grüne) anklingen lassen, dass manche überrascht sein könnten, wie schnell ein bundesweites Mund-Nasen-Gebot umgesetzt werden könnte – eine gesetzliche Verankerung sei ebenfalls Teil seines Plans. Die Abstimmung ist für die Bundesregierung keine Nebensache: Solange Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beim EU-Gipfel weilt, muss die Entscheidung warten. Nachdem es erst hieß, am Sonntag werde die Regierung über eine mögliche Wiedereinführung der Maskenpflicht informieren, und die Bekanntgabe dann auf Montag verschoben wurde, soll nun am Dienstag ein Ergebnis präsentiert werden.

Verlaufsformen

Tatsache ist: Das Coronavirus nimmt unterschiedliche Verlaufsformen: von ganz schweren Erkrankungen bis zu Infektionen, die gar nicht bemerkt werden, weil sie so problemlos vorübergehen. Doch der Anteil jener Infizierten, die ohne Symptome ansteckend sind, stellt sich im Zuge der vielen PCR-Testungen, die gerade im Rahmen des Contact-Tracing stattfinden, als wahrscheinlich nicht unbeträchtlich heraus. Es sind zwei Gruppen. Zum einen jene, die schon infiziert, aber noch ohne Symptome sind. Nach einer Infektion kann es bis zu zwei Tage dauern, bis etwa Fieber, Kopfweh oder Husten auftreten. "Wie groß dieser Anteil ist, kann deshalb nicht genau beziffert werden, weil nicht gut beschrieben wurde, wie der Symptombeginn definiert ist," informiert das Robert-Koch-Institut.

Dann dürfte es Menschen geben, die einen derart leichten Verlauf haben, dass eine Infektion so schnell vorüber ist, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gar nicht nachweisbar ist. Besonders bei Kindern dürfte das der Fall sein. Im Rahmen von Contact-Tracing innerhalb von Familien stellt man fest, dass Kinder bereits Antikörper gegen das Coronavirus in sich tragen, obwohl sie eigentlich nicht krank waren.

Doch genau diese leichten Fälle sind jene, die die Situation unberechenbar machen: Infizierte gehen raus und stecken andere an. "Es gibt eine ausreichend große Evidenz, dass die Anzahl der asymptomatisch Infizierten zur allgemeinen Verbreitung des Virus stark beiträgt", sagte der US-Virologe Robert Redfield, Direktor von Centers for Disease Control and Prevention, in einem "Jama"-Interview. "Wenn jeder eine Maske tragen würde, könnten wir die Pandemie in den nächsten vier bis acht Wochen unter Kontrolle bringen", sagte er und beruft sich auf Studien aus China, die im Krankenhausumfeld zeigen konnten, dass Masken effizient sind. Die unterschiedlichen Klassen von Masken spielen zwar eine Rolle, doch im Alltag ist es auch besser, sich nur ein Tuch umzubinden, als gar nichts zu tragen.

Rotzbremse

Ein Mund-Nasen-Schutz hindert die Viren, die sich zu Beginn einer Infektion in Nase und Rachen vermehren, daran, beim Niesen, Sprechen, Husten oder Sprechen herauszuschießen. Je enger es zwischen Menschen wird, umso wichtiger ist also diese Schutzmaßnahme. Es gibt auch Untersuchungen dazu, wo Alltagsmasken am undichtesten sind: Es ist der Spalt zwischen Nase und Mund.

Anschober weiß zwar, dass der Mund-Nasen-Schutz vielen lästig und unangenehm ist, trotzdem findet er ihn psychologisch wichtig, weil er daran erinnert, dass wir "mitten in einer Pandemie sind".

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich für das Maskentragen im Lebensmittelhandel aus, "weil dort viele zusammenkommen". Es würde dafür sorgen, dass die Menschen Abstand halten, sagte er. Prävention sei essenziell, man könne "nie genau wissen, was morgen ist". (Karin Pollack, 20.7.2020)