Schlagzeuger und Bandleader Art Blakey (1919–1990).

Foto: Francis Wolff

Würde in einem musischen Malkurs die Aufgabe gestellt, den archetypischen Jazzer zu zeichnen, käme wohl ein cooler Saxofonist oder ein Trompeter heraus. Vielleicht aber doch auch ein dynamischer Drummer, dessen Stirn Schweißperlen der Zufriedenheit zieren. Das wäre dann wohl Art Blakey. Als Role-Model des hitzigen Organisators von Energetik stand der 1990 verstorbene US-Musiker mit seinen Jazz Messengers ja nicht einfach für hitzigen Soul Jazz und schwergewichtigen Hardbop.

Durch hitträchtige Kompositionen wie Moanin’ (von Pianist Bobby Timmons) und Blues March (von Benny Golson) avancierte der profund schlagwerkende Bandleader zum Jazzsymbol – auch wenn die Stücke nicht von ihm stammten. Blakey, der die Band in den 1950ern mit Pianist und Meisterkomponist Horace Silver gegründet hatte, verfügte eben über das Zusatztalent, Kreativität an sich zu binden und diese freizusetzen.

Zum Islam konvertiert

Das Reiferüstzeug dazu hatte er: Blakey, der sich vom Klavier abwandte, nachdem er Meister Erroll Garner gehört hatte, war in den 1940ern bereits in Verbindung mit zentralen Bebop-Größen wie Saxofonist Charlie Parker und Trompeter Dizzy Gillespie gekommen. Auch weilte er länger reisend in Afrika, um Percussiontraditionen zu studieren und sich als Abdullah Ibn Buhaina ansprechen zu lassen. Er war zum Islam konvertiert.

Zur heiter-impulsiven Jazz-Instanz avancierte er jedoch als versierter Schlagvirtuose Art Blakey. Dessen Combo wurde auch zur kommerziell erfolgreichen Zwischenstation für kommende Stars, die eine produktive Weile blieben. "Ja, Sir, ich werde bei Youngstern bleiben! Wenn die zu alt werden, werde ich mir ein paar Jüngere holen. Hält den Geist auf Zack", erklärte Musikzirkusdirektor Blakey recht egoistisch noch in seiner Reifephase.

Shorter und die Marsalis-Brüder

Wie Düsterling Miles Davis war er ein Talentefischer: Könner wie Trompeter Lee Morgan, Freddie Hubbard, Saxofonisten wie Benny Golson, Wayne Shorter, Pianist Keith Jarrett wie auch später Wynton und Branford Marsalis gaben Zeugnis ab von Blakeys Gespür.

Trompeter Lee Morgan ist auf der nun erstmals veröffentlichten Einspielung Just Coolin’ (Blue Note) dabei, die am 8. März 1959 im Studio von Rudy Van Gelder aufgenommen wurde.

Es ist zwar nicht ganz klar, warum die Aufnahme 61 Jahre auf ihre Veröffentlichung warten musste. Ein paar Wochen nach der Session gab sich die Band jedenfalls im New Yorker Birdland die Ehre und zog es vor, einige der Stücke als At The Jazz Corner Of The World Vol. 1 & 2 zu veröffentlichen und nicht die Studio-Session. Live im Birdland hatte wohl mehr überzeugt.

Werk der Suche

Tatsächlich lässt sich bei Just Coolin’ studieren, wie es klingt, wenn einer großen Band die Kraft fehlt, über das Solide hinauszufliegen. Tenorsaxofonist Hank Mobley ist etwa bei Hipsippy Blues rätselhaft brav unterwegs, so als hätte es den rasanten Bebop nie gegeben. Nur Trompeter Morgan lässt bisweilen jene Klasse aufblitzen (Jimerick), für die die Jazz Messengers standen. Blakey selbst bleibt diskrete treibende Kraft, die zum Finale bei Just Coolin’ mit einem längeren Solo für originelle Unruhe sorgt.

Diese jazzige Flaschenpost ist denn auch ein Dokument der Suche und des Übergangs. Ein Vergleich etwa mit der legendären Einspielung Moanin’ sichert das Urteil ab. Interessant ist die alte Neuheit aber auf jeden Fall. (Ljubiša Tošic, 21.7.2020)