In Aufbau und Größe ähnelt die Venus der Erde, die Bedingungen auf dem Planeten sind jedoch alles andere als lebensfreundlich.

Foto: NASA/JPL

Die kreisrunde Erhebung im Vordergrund ist eine 500 Kilometer große Corona auf der Venus.

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ETH Zürich

Unserer innerer Nachbarplanet ist eine ungemütliche Welt. Die dichte Gashülle der Venus, die hauptsächlich aus Kohlendioxid besteht, sorgt nicht nur für einen Druck von mehr als 90 bar auf der Oberfläche – vergleichbar mit dem Druck in 900 Metern Meerestiefe. Sie erzeugt auch einen extremen Treibhauseffekt, rund 460 Grad Celisus heiß ist es auf dem Planeten. Ihre Oberfläche ist von vulkanischen Strukturen gezeichnet, einige Gebilde geben Forschern allerdings Rätsel auf.

So zeigten Aufnahmen der Nasa-Mission Magellan aus den 1990er-Jahren eigenartige ringförmige Strukturen, sogenannte Coronae. Wissenschafter gehen davon aus, dass sogenannte Mantelplumes, die tief aus dem Inneren des Planeten aufsteigen, für diese kreisförmigen Strukturen verantwortlich sind. Forscher um Taras Gerya und Anna Gülcher von der der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat nun die Entstehungsbedingungen der Venus-Coronae genauer untersucht und dabei eine spannende Entdeckung gemacht: Es gibt einen bisher unbekannten Feuergürtel auf unserem Nachbarplaneten, wie es in der Studie im Fachblatt "Nature Geoscience" heißt.

Säulen aus dem Inneren

Mantelplumes sind Säulen aus heißem, geschmolzenem Gestein, das durch Konvektionsbewegungen im unteren Mantel bis zur Kruste gelangt. Dort breitet sich der oberste Teil der Säule pilzförmig aus, und durch die Hitze schmilzt die darüberliegende Kruste kreisförmig. Kontinuierlich aus der Tiefe emporsteigendes Material verbreitert den Kopf des Plume und weitet die Ringstruktur auf der Oberfläche aus – und eine Corona entsteht. Die harte Kruste, die den Mantelplume umgibt, zerbricht und taucht schließlich unter den Rand der Corona ab, was lokal tektonische Prozesse in Gang setzt.

"Auf der Venus- Oberfläche kommen solche Strukturen in einer grossen Vielzahl von Formen und Grössen vor", sagt Gülcher, Erstautorin der Studie. Sie hat die Coronae mit 3D-Simulationen untersucht, um die vielfältige Oberflächentopografie mit den darunter ablaufenden Prozessen zu verknüpfen. Dabei zeigte sich, dass die Topografie einer Corona davon abhängt, wie dick und stark die Kruste an der Stelle ist, an der ein Mantelplume auftrifft. Dabei ging klar hervor, dass die Coronae-Topografien davon abhängen, wie aktiv die darunterliegende Magmasäule ist.

Auf diese Weise konnten die Wissenschafter über hundert Coronae in zwei unterschiedlichen Gruppen einteilen: in solche, unter denen derzeit ein aktiver Plume aufsteigt und geschmolzenes Material mitführt, und andere, unter denen der Plume erkaltet und inaktiv geworden ist. "Jede Corona- Struktur hat eine spezifische Signatur, die anzeigt, was darunter vor sich geht", erklärt Gülcher.

Feuerring der Venus

Die Kartierung der analysierten Coronae brachte eine Überraschung: Die meisten Strukturen, die über aktiven Mantelplumes liegen, befinden sich auf einem Gürtel in der südlichen Hemisphäre der Venus. In Anlehnung an den Pazifischen Feuerring, ein Vulkangürtel auf der Erde, nennen die Wissenschafter dieses Band "Feuerring der Venus". Sie betonen aber, dass auf der Erde die Plattentektonik für die Lage und Dynamik des Feuerrings verantwortlich sei, auf der Venus aber ein vertikaler Hotspot-Vulkanismus, der auf der Erde nur an wenigen Orten vorkomme.

Weshalb sich die Mantelplumes auf der Venus genau in einem solchen Gürtel anordnen, soll in weiteren Studien untersucht werden. Bisher simulierten die Forscher in ihren Modellen nur wenige Hundert Kilometer des obersten Teils eines Mantelplumes. Diese Magmasäulen könnten aber über 1.000 Kilometer lang sein.

Die Wissenschafter erhoffen sich von den Venus-Daten auch neue Einsichten darüber, wie Mantelplumes im Innern der Erde funktionieren. Diese dürften verantwortlich für die Entstehung von Hotspot-Vulkanismus sein, wie er sich beim Hawaiianischen Inselarchipel zeigt. Außerdem könnten Mantelplumes ein Auslöser für die Plattentektonik der Erde sein. (red, 26.7.2020)