Im Gastkommentar kritisiert Günther Ogris vom Sora-Institut die Studie "Soziale Brennpunkte im Kontext von Migration und Integration" als Schulbeispiel für ein Maximum an Verzerrung.

Der Österreichische Integrationsfonds hat vergangene Woche einen Forschungsbericht präsentiert, der bestens geeignet ist, um als Schulbeispiel zu dienen, wie man absichtlich Verzerrung produziert. Die Fragestellungen sind inhaltlich einseitig formuliert – von ihrer Validität sollte man nicht ausgehen. Ein wissenschaftlich sauberes, inhaltlich fundiertes und der Sache gerecht werdendes Bild ist mit diesen Daten nicht produzierbar, die Studie eignet sich für tendenziöse Betrachtungen und die Verstärkung von Stereotypen.

Schon die verwendete Begrifflichkeit gibt einen Hinweis auf die Diskursziele der Autoren. Der Begriff "soziale Brennpunkte" wird verwendet, um Bilder von Brandanschlägen und brennenden Autos hervorzurufen und Angst zu schüren. Damit werden Menschen die arbeitslos, obdachlos, suchtkrank, geflüchtet oder auch einfach eingewandert sind, als "brandgefährlich" eingestuft und sprachlich mit dem Bild des Feuers verbunden.

Problemorientierte Fragen

Die Frage "Welche konkreten Probleme stellen sich bei den sozialen Brennpunkten in Wien" kann nur zu hohen Prozentsätzen führen. Diese Formulierung hat eine ähnliche Qualität wie "Sehen Sie bei Suchtkranken ein Drogenproblem?". Sie ist wissenschaftlich wertlos und liefert ein Maximum an Verzerrung bei der Beschreibung einer vielfältigen Wirklichkeit.

Integrationsministerin Susanne Raab bei der Präsentation der "Brennpunkte"-Studie.
Foto: APA / Herbert Pfarrhofer

Die Fragestellungen sind ausschließlich problemorientiert formuliert. Die Ressourcen von Menschen für Problemlösungen oder ihre Leistungen für die Gesellschaft werden vollständig ignoriert. Wer diese Studie unkritisch liest, könnte zu dem Eindruck kommen, dass die nach Österreich eingewanderten Menschen nicht in Pflege, Handel, Gesundheitswesen, bei Lieferdiensten, in den wirtschaftsnahen Dienstleistungen, im Handwerk oder am Bau wertvolle Arbeit für den Zusammenhalt und das Funktionieren der Gesellschaft leisten.

Erstaunlicherweise enthält die Studie in der Liste der möglichen Maßnahmen die Angebote des Integrationsfonds nicht. Wie ist das zu verstehen? Halten die Auftraggeber und Studienautoren das eigene Angebot als Hilfestellung für Integration für sinnlos?

Differenziertes Bild

Es gibt zum Thema Integration auch Forschungsberichte, die der Integrationsfonds als Vorbilder verwenden kann. Das Eurobarometer, die Integrationsmonitore von Sora für Oberösterreich und Tirol, der Integrationsmonitor der Stadt Wien zeichnen ein realistisches Bild der Einstellungen der österreichischen Bevölkerung: Die Kontakte zu Eingewanderten haben zugenommen, die Akzeptanz von Diversität und Einwanderung ist stärker geworden, die Unterstützung für Integrationsmaßnahmen deutlich angestiegen. Das Eurobarometer zeigt auch, dass derzeit soziale und Umweltsorgen die Menschen deutlich mehr bewegen als Sorgen wegen Migration.

Der Integrationsfonds sollte die Studie von der Homepage nehmen, sich für die Irreführung der Öffentlichkeit entschuldigen und sich seiner Aufgabe bewusst werden. Studien, die er beauftragt, sollten nicht der Vorurteile verstärkenden Propaganda, sondern der Verbesserung der eigenen Strategien dienen. (Günther Ogris, 22.7.2020)