Die erste Aufnahme eines Mehrfachplanetensystems um einen sonnenähnlichen Stern. Das Bild wurde aufgenommen, indem das Licht des jungen, sonnenähnlichen Sterns (oben links im Zentrum) mit einem Koronografen blockiert wurde.
Foto: ESO/Bohn et al.

Die meisten der annähernd 4300 bisher bestätigten Planeten jenseits unseres Sonnensystems wurden mit indirekten Beobachtungsmethoden entdeckt. Mit anderen Worten: Astronomen schlossen aus der Verdeckung oder einem minimalen Wackeln ihres Zentralgestirns oder dem sogenannten Mikrolinseneffekt auf das mögliche Aussehen, die Masse und Größe und andere Eigenschaften dieser Exoplaneten. Wirklich abgebildet wurden dagegen nur eine handvoll Welten. Meist handelt es sich um riesige, junge Gasplaneten, die Infrarotstrahlung abgeben und weit genug von ihrem Mutterstern entfernt sind.

Noch seltener sind direkte Aufnahmen von zwei oder mehr Exoplaneten, die um einen Stern kreisen. Bisher kannte man diese nur von zwei Systemen, bei denen sich der Stern allerdings stark von unserer Sonne unterscheidet. Daher ist eine nun präsentierte Entdeckung vorerst einzigartig: Ein Team um Alexander Bohn von der Universität Leiden in den Niederlanden konnte mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (Eso) das erste Bild eines jungen, sonnenähnlichen Sterns einfangen, der von zwei riesigen Exoplaneten begleitet wird. Die bahnbrechenden Beobachtungen können Astronomen auch helfen zu verstehen, wie sich die Planeten um unsere Sonne gebildet und entwickelt haben.

Momentaufnahme des jungen Sonnensystems

Erst vor wenigen Wochen haben Forscher mithilfe des VLT im jungen System AB Aurigae die Geburt eines fernen Planeten beobachtet. Nun konnten mit dem selben Teleskop am Paranal-Observatorium in der Atacamawüste (Chile) um den 300 Lichtjahre entfernten Stern TYC 8998-760-1 zwei fertige Exoplaneten nachgewiesen werden. Bohn fasst das Besondere an diesem Erfolg zusammen: "Diese Entdeckung ist eine Momentaufnahme einer Umgebung, die unserem Sonnensystem sehr ähnlich ist, sich jedoch in einem viel früheren Stadium seiner Entwicklung befindet."

Video: Die Animation zeigt die Bahnen der beiden Exoplaneten TYC 8998-760-1b und TYC 8998-760-1c im Vergleich zur Größe der Umlaufbahn des Plutos.
European Southern Observatory (ESO)

"Obwohl Astronomen indirekt Tausende von Planeten in unserer Galaxie gefunden haben, wurde nur ein winziger Bruchteil dieser Exoplaneten direkt abgebildet", sagt Koautor Matthew Kenworthy, ebenfalls von der Universität Leiden. "Solche direkten Beobachtungen sind freilich bei der Suche nach Bedingungen, die die Entstehung von Leben im All unterstützen könnten, unverzichtbar." Umso erfreulicher seien daher die nun im Fachjournal "Astrophysical Journal Letters" präsentierten zwei Exoplaneten um einen der Sonne gleichenden Stern. Die beiden offenbar riesigen Welten sind im neuen Bild als zwei helle Lichtpunkte zu erkennen. Durch die Aufnahme verschiedener Bilder zu unterschiedlichen Zeiten konnte das Team diese Planeten von den Hintergrundsternen unterscheiden.

Weit entfernt vom Mutterstern

Die beiden Gasriesen umkreisen ihren Wirtsstern in der 160- bzw. 320-fachen Distanz zwischen Erde und Sonne. Damit liegen sie deutlich weiter draußen im All als Jupiter oder Saturn in unserem System, die in nur fünf- bzw. zehnfachem Erd-Sonnenabstand ihre Bahnen ziehen. Das Team stellte außerdem fest, dass die beiden Exoplaneten viel massereicher sind als jene in unserem Sonnensystem: Der innere Planet hat die 14-fache und der äußere die sechsfache Masse von Jupiter. Der Stern TYC 8998-760-1 im südlichen Sternbild Musca (Fliege) dürfte kaum älter als 17 Millionen Jahre alt sein und stellt laut Bohn damit eine "sehr junge Version unserer eigenen Sonne" dar.

Zu verdanken sind die neuen VLT-Aufnahmen der hohen Leistung seines SPHERE-Instruments, das das helle Licht des Sterns mit einem Gerät namens Koronagraf blockiert, sodass die viel lichtschwächeren Planeten sichtbar werden. Während ältere Planeten wie jene unseres Sonnensystems zu kühl für einen Nachweis aus dieser Entfernung sind, strahlen junge Planeten im Infrarotlicht noch hell genug, um abgebildet werden zu können.

Das European Extremely Large Telescope (E-ELT) könnte in einigen Jahren weitere Geheimnisse des Systems TYC 8998-760-1 lüften.
Illustr.: ESO/L. Calçada

Wandernde Planetenbabys?

Um herauszufinden, ob die beiden exoplanetaren Riesen so weit von ihrem Mutterstern entfernt geboren wurden oder erst danach dorthin gelangt sind, wollen die Wissenschafter das System weiter im Auge behalten. Vor allem das Extremely Large Telescope (ELT) der Eso, dessen Inbetriebnahme für das Jahr 2025 geplant ist, könnte auf diese Frage Antworten liefern. Das ELT wird auch dazu beitragen, die Interaktion zwischen zwei jungen Planeten im selben System zu untersuchen. "Die Möglichkeit, dass künftige Instrumente in der Lage sein werden, noch masseärmere Planeten um diesen Stern zu entdecken, ist ein wichtiger Meilenstein für das Verständnis von Mehrplanetensystemen, mit möglichen Auswirkungen auf die Geschichte unseres eigenen Sonnensystems", so Bohn. (tberg, red, 22.7.2020)