Ikea-Deko oder Ausstellungsexponat: ein unvergesslicher Besuch zwischen billigen Kopien, Souvenirs und fragwürdigen Installationen.
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Zum Glück kann man vor einer Pseudo-Graffiti-Wand Erinnerungsfotos schießen. Denn die Ausstellung The Art of Banksy – Without Limits, die aktuell in den Sofiensälen in Wien zu sehen ist, sollte man – hat man bereits den Fehler begangen und sich dort eingefunden – nicht vergessen. Allein der Preise wegen: Stattliche 17 Euro kostet ein reguläres Ticket, am Wochenende sind es sogar 19. Dass vis-à-vis der Kassa ein kapitalismuskritischer Spruch des britischen Graffitikünstlers prangt, ist an Ironie nicht zu überbieten. Oder?

Frechheit und Fake

Ein Teppich im Street-Art-Style führt dann in den Veranstaltungssaal und fragt im Zwischenstock "Are you fucking ready?" – "Nein", sollte man entgegnen. Denn das, was einen dort erwartet, ist nicht nur eine als Ausstellung getarnte Show, die Banksy selbst als "Fake" bezeichnet, sondern auch eine billig produzierte und teuer vermarktete Frechheit. Spätestens jetzt weiß man: Hier spaßt niemand, das ist wirklich ernst gemeint.

Seit 2016 tourt dieses von der türkischen Entertainment Group und der Event Company aus Rumänien organisierte Format durch die Welt: Von Melbourne über Riad bis Amsterdam verzeichnete man bisher 770.000 Besucher. Nun hat Wien die Ehre.

Eigentlich kann man sich glücklich schätzen, dass man von Kordeln abgehalten wird, noch näher zu treten.
Foto: APA / HANS KLAUS TECHT

In einer argen Mischung aus Messe-Flair und Plastik-Disneyland-Rummel rollen meterhohe Banner mit Banksy-Motiven wie dem Flower Thrower von den – ohnedies schon kitschig vergoldeten – Saalwänden. Im Hintergrund läuft Aufzugmusik, und an Balkonen hängen Engelsoldaten mit Smiley-Faces. Was sie da genau bewachen, ist fraglich. Denn an den Trennwänden und in den seitlichen Kojen hängen ausschließlich Reproduktionen.

Originale aus dem Giftshop

Motive wie die schmusenden Polizisten oder das Mädchen mit dem Ballon sind verpixelt auf Leinwände gezogen, als Drucke gerahmt oder einfach nachgemalt. Mit Stempeln signierte Bilder suggerieren Authentizität, erinnern dabei aber eher an die Ikea-Dekoabteilung. Eigentlich kann man sich glücklich schätzen, dass man von Kordeln abgehalten wird, noch näher zu treten.

Das grausame Highlight: Banksy als unproportionale Schaufensterpuppe bei der Arbeit.
Foto: APA / HANS KLAUS TECHT

Stolz berichtet der Kurator Guillermo Quintana von einigen "Originalen" in der Schau. Dass es sich dabei lediglich um fünf (von insgesamt 100 Objekten) zertifizierte Mitbringsel aus Banksy-Souvenirshops handelt, kann man kaum ernst nehmen. Damit möchte er dem Künstler Tribut zollen. Dass dieser die Ausstellung aber durchaus kritisch sehe, scheint Quintana egal zu sein. "Copyright is for Losers", zitiert er Banksy.

Bevor man das groteske Spektakel verlassen darf, muss man aber das Highlight gesehen haben: In fragwürdigen Installationen wird Banksy als unproportionale Schaufensterpuppe nachgestellt und sein im Lockdown von Ratten verwüstetes Badezimmer so lieblos arrangiert, dass man wahrlich an eine U-Bahn-Toilette denkt.

Wer weiß, vielleicht ist das ja alles doch nur ein Schmäh – "without limits" ist es allemal. (Katharina Rustler, 23.7.2020)