In Ministerien soll künftig nur noch Strom fließen, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde.

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Schreibt der Staat Projekte aus, setzen Unternehmer meist viel daran, um diese Aufträge an Land zu ziehen. Unabhängig davon, ob es um Bauvorhaben, Fahrzeuge oder Lebensmittel und Verpflegungsdienstleistungen geht. 46 Milliarden Euro umfasste das von 7700 öffentlichen Stellen ausgeschriebene Auftragsvolumen im Vorjahr. Der Weg zum Zuschlag führt oft über das günstigste Angebot. Der Bund würde sich jedoch wünschen, dass öfter das nachhaltigste Angebot gewinnt.

Bereits im Regierungsprogramm kündigte Türkis-Grün Änderungen im Vergaberecht an, hin zu mehr Klimaschutz und Regionalität. Das zuständige Ressort ist das Justizministerium. Diese Änderungen sollen auch auf einer Novelle des Österreichischen Aktionsplans zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (Nabe) basieren. Damit befasst sich das Umweltministerium. Vor allem bei Energie, Lebensmitteln und Verkehr sollen neue Vergabekriterien eingeführt werden, geht aus einem Dokument hervor, das dem STANDARD vorliegt.

Die großen Ziele lauten CO2-Reduktion, kürzere Wege, mehr Kreislaufwirtschaft. Bis 10. August läuft ein Stellungnahmeverfahren, wo sich Stakeholder wie die Wirtschaftskammer oder NGOs zu den Maßnahmen äußern können. Im Herbst soll der Novelle des naBe-Aktionsplans im Ministerrat beschlossen werden. Spätestens Mitte 2021 muss sie stehen, um EU-Vorgaben zu entsprechen. Der ursprüngliche naBe-Aktionsplan wurde von der EU 2010 ausgerollt.

Strom, Lebensmittel, E-Mobilität

Auszüge der geplanten Maßnahmen: Ministerien dürfen inklusive nachgeordneter Dienststellen ab 2022/2023 nur noch Strom mit dem Österreichischen Umweltzeichen (UZ 46) beziehen. Andere öffentliche Auftraggeber sollen bis 2026/2027 den Anteil von grünem Strom auf die Hälfte steigern und ab 2030 auf hundert Prozent. Überdies dürfen sie neue Stromlieferverträge nur mehr abschließen, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Mit dem Umstieg auf UZ46-Strom spare der Bund bei einem Bedarf von 400 Gigawattstunden Strom 70.000 Tonnen CO2.

Bei der "Beschaffung von Lebensmitteln und Verpflegungsdienstleistungen, etwa für Großküchen in Verwaltung, Pflege- oder Bildungseinrichtungen, sollen Tierwohl, Qualität, Regionalität, Gesundheit und Abfallvermeidung in den Fokus rücken", heißt es. Unter anderem müsse bis 2023 der Bioanteil der Zutaten auf ein Viertel steigen und täglich ein "Klimateller" im Angebot sein. Dieses Gericht müsse vegetarisch oder vegan sein, saisonal, regional und mit mindestens einer biologischen Hauptzutat.

Die Regierung will auch die Umstellung auf E-Mobilität forcieren. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren sollen nur noch zum Einsatz kommen, wenn es nicht anders möglich ist. Sonst haben Elektrofahrzeuge Vorrang. Vor der Beschaffung seien Alternativen wie Carsharing zu prüfen. Diese Maßnahmen gelten für Pkws, leichte Nutzfahrzeuge, Busse, aber nicht für Einsatzfahrzeuge.

Regeln nur für den Bund

Im Österreichischen Ökologie-Institut hat man dazu eine ambivalente Meinung: "Wir begrüßen die neuen Maßnahmen. Die größte Schwäche bleibt aber, dass die Kriterien kein Gesetz sind", sagt Christian Pladerer.

Denn selbst wenn die Nabe-Kriterien so beschlossen würden, wären sie nicht für alle Verwaltungseinheiten bindend. Der Bund, seine nachgeordneten Dienststellen und die BBG müssen sich daran halten. "Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände werden ersucht, die aktualisierten Kernkriterien anzuwenden", steht in dem Papier. Dass die Kriterien nur für den Bund gelten, geht auf den Ministerratsbeschluss von 2010 zurück. Dieser ist kein Gesetz und keine Verordnung und hat deshalb nur für Bund sowie Bundeseinrichtungen Weisungskraft. "Es laufen Harmonisierungsprozesse mit den Ländern. Lebensmittel- und Mobilitätskriterien sollen übernommen werden", sagt Gerhard Weiner von der Bundesbeschaffungs GmbH.

So laufen öffentliche Vergaben aktuell: Bei Aufträgen bis zu 100.000 Euro kann die öffentliche Hand einkaufen wie Private. Bei größeren Summen muss sie Aufträge ausschreiben oder mehrere Angebote einholen. Dabei gilt meist das Bestbieterprinzip. Welche nichtpreislichen Kriterien öffentliche Stellen anwenden und gewichten, können sie recht frei entscheiden. (Andreas Danzer, 24.7.2020)