Elke Kaiser betreibt einen Trödel- und Vintage-Laden in Braunau am Inn. Zu den meisten Möbeln kommt sie über Verlassenschaften. Die alten Möbel bergen für sie Charisma und einen Sack voller Geschichten.

"Oide Möbel san mei Leben! Am liebsten sind mir alte, verwordakelte Sessel, Tische und Kredenzen, denn sie sind voller Patina und Charisma, ein Sack voller Geschichten, und wenn ich sie angreife, fühle ich mich sofort wohl. Einige dieser Stücke hier stammen sogar noch aus meiner eigenen Kindheit. Den Ohrensessel hab ich von meiner Tante Lotte, der Himmel hab sie selig, und in der hölzernen Wiege bin ich selbst schon als Kind gelegen, so wie wahrscheinlich unzählige niederbayrische Babygenerationen vor mir. Auch mein Enkel wird da jetzt bald drin liegen. Im September werde ich Oma.

Die rote Couch ist nach einem Zwischenstopp wieder bei Elke Kaiser zu Hause gelandet.
Foto: Kurt Hörbst

Lustig ist die G’schicht mit der roten Biedermeier-Couch. Die hab ich mal beim Ausmisten in irgendeinem Haus gefunden, hab sie dann dem Lokal Kinski in Braunau verkauft, und nun, nachdem das Lokal neu übernommen wurde, ist die Couch wieder bei mir gelandet. So ist der Lauf der Dinge. Ist das nicht wunderbar? Schon als Kind bin ich mit meiner Familie immer wieder auf Flohmärkte mitgegangen, habe die Liebe zu den alten Möbeln mit der Muttermilch mitgekriegt, nun beschäftige ich mich selbst damit.

Ich bin die Kaiserin und betreibe einen Trödelladen in Braunau am Inn sowie einen Vintage-Klamottenladen mit Kostümverleih, der sich übrigens in dem Haus befindet, in dem früher im ersten Stock die Braunauer NSDAP-Zentrale untergebracht war. Eine furchtbare Energie war dort, als ich das Lokal das erste Mal betreten habe, einfach scheußlich, aber ich hab alles ausgeräuchert. Jetzt passt’s. Das Böse ist verflogen.

Elke Kaiser mag Möbel mit Patina und Charisma. Manche begleiten sie schon seit ihrer Kindheit, wie die Wiege aus Holz.
Foto: Kurt Hörbst

Manchmal werde ich gefragt, wie ich zu all dem alten Zeugs komme. Manches kaufe ich auf Flohmärkten, anderes bei Trödelkollegen, doch das meiste stammt aus Verlassenschaften und alten Häusern, deren Bewohnerinnen und Bewohner verstorben sind. Ich habe Respekt vor den Wohnungen und gehe sehr achtsam und behutsam mit dem Hab und Gut der Menschen um. Fotos, Liebesbriefe und Schachteln mit persönlichen Gegenständen lasse ich prinzipiell verschlossen.

Alles in allem hab ich in den letzten 20 Jahren an die 150 Häuser und Wohnungen ausgeräumt. Ich freu mich über tolle Möbel und genieße die Tatsache, dass die Dinge nach dem Tod ihres Besitzers, ihrer Besitzerin weiterleben und im gesellschaftlichen Kreislauf bleiben können. Eigentlich besteht mein Job darin, als Durchlaufposten zu fungieren und die Dinge weiterzuverkaufen. Ich mach das aus Überzeugung. Wir schmeißen eh schon viel zu viel weg.

Das Haus, in dem Elke Kaiser seit kurzem wohnt, war ein Zufallsfund.
Foto: Kurt Hörbst

Auch dieses Haus hier, in dem ich seit ein paar Wochen wohne, ist ein sehr zufälliger Fund. Ich hab mein Elternhaus in Julbach in Bayern verlassen müssen und hab ewig lang nix Passendes gefunden. Bin schon bissl nervös geworden, hab in den Himmel g’schaut und g’sagt: "Jetzt wird’s aber Zeit, gö!" Dann, zwei Wochen vor dem fälligen Umzug, ist mir in einer Facebook-Anzeige dieses ehemalige Bauernhaus in Forstern zugeflogen. Die Besichtigung war genau an meinem 50. Geburtstag. Es gab irre viele Bewerber an diesem Tag, aber meine Liebe dürfte unübersehbar gewesen sein. Was für ein geiles Geburtstagsgeschenk!

"Am liebsten sind mir alte, verwordakelte Sessel, Tische und Kredenzen", sagt Elke Kaiser.
Foto: Kurt Hörbst

Das Haus liegt direkt an der Mattig, perfekt zum Baden, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet, hat an die 200 Quadratmeter Nutzfläche und wurde in den 1970er-Jahren ganz schön versiebzigerjahrt. Die beigebraunen Plastikfliesen! Halleluja! Das g’fallt nicht einmal der Kaiserin! Jetzt bin ich grad a bissl am Umbauen. Einiges ist schon fertig. Oben im ersten Stock will ich noch einen echt argen Boden verlegen: Schallplatten in Epoxydharz eingegossen. Da lad ich euch dann wieder ein!" (27.7.2020)