Das Tracing funktioniert bei aktuellen Apps zur Kontaktnachverfolgung bereits recht gut, beim Serverkontakt gibt es aber immer wieder Probleme.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Ein Bericht der "Bild"-Zeitung sorgt derzeit für Schlagzeilen im deutschsprachigen Raum: Die deutsche Corona-Warn-App habe wochenlang auf vielen Smartphones nicht richtig funktioniert, heißt es da. Betroffen seien vor allem Geräte von Samsung und Huawei. Das ist zwar prinzipiell richtig, bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass die ganze Materie etwas komplexer ist – und dass es in Österreich exakt dasselbe Problem gibt.

Begriffsklärung

Zunächst muss aber mal eines klargestellt werden: Es geht dabei nicht um die Kontaktnachverfolgung selbst – also das eigentlich "Tracing". Dieses wird sowohl unter Android als auch bei iPhones über ein gemeinsam von Apple und Google entwickeltes Framework vorgenommen, ist also quasi Teil des Systems. Und soweit bisher bekannt, scheint dieser Teil mittlerweile auch zuverlässig zu funktionieren – zumindest so zuverlässig, wie solche Kontaktaufzeichnungen mithilfe von Bluetooth-Signal nun mal sein können.

Als Problempunkt hat sich hingegen jener Vorgang herausgestellt, bei dem die länderspezifischen Apps regelmäßig die aktuelle Liste an Warnmeldungen beziehen. Der dafür notwendige Abgleich mit dem Server, der in Deutschland vom Robert-Koch-Institut (RKI) und in Österreich vom Roten Kreuz betrieben wird, funktioniert nur dann wirklich zuverlässig, wenn man die App regelmäßig öffnet. Ansonsten bekommen die Nutzer im Fall des Falles schlicht keine Warnung über eine potenzielle Gefährdung zugestellt – oder zumindest erheblich verspätet.

Android

Die Schuld ist dabei aber weniger bei den Apps als bei den Smartphone-Herstellern zu suchen. Gerade unter Android neigen diverse Anbieter dazu, aus Stromspargründen allzu offensiv Programme im Hintergrund zu beenden. Diese Problematik ist seit Jahren bekannt und genauso lange heftig umstritten. Immerhin kann dies dazu führen, dass Benachrichtigungen vom Messenger der Wahl nicht mehr ankommen. Auf der Webseite "Don't kill my app" kann man einsehen, welche Anbieter in dieser Hinsicht besonders offensiv vorgehen.

Die Lösung dafür ist ebenso bekannt. Man muss die so geschädigten Apps von den Stromsparmaßnahmen der Hersteller explizit ausnehmen, was üblicherweise über die Systemeinstellungen vorgenommen werden kann. Wenn das deutsche RKI nun sagt, dass man mit einer neuen App-Version (1.1.1) das kritisierte Problem ausgeräumt habe, dann meint man damit eigentlich nur, dass die Nutzer beim ersten Start nach dem Update dazu aufgefordert werden, diese Einstellungsänderung vorzunehmen.

Kein deutsches Spezifikum

Ein Blick in die Fehlerdatenbank zur Stopp-Corona-App zeigt schnell, dass es in Österreich exakt dasselbe Problem gibt. Auch dort beklagt sich ein Nutzer eines Huawei-Smartphones, dass die Server-Überprüfungen bei ihm nicht funktionieren. Erst beim manuellen Öffnen der App werde ein Kontakt aufgenommen. Was die Angelegenheit noch komplizierter macht: Bei manchen Android-Geräten hilft nicht einmal die Ausnahme von den Stromsparmaßnahmen, da die Hersteller zu Teilen auch nicht deaktivierbare Änderungen am Umgang mit Hintergrunddiensten vornehmen. Auch hier hilft wieder "Don't kill my app", wo man Anleitungen für das Bereinigen dieser Problematik für verschiedene Smartphone-Hersteller findet.

Probleme auch mit iPhones

Wie der Softwareentwickler Armin Ronacher, der vor einigen Wochen federführend an der Quellcodeanalyse der Stopp-Corona-App beteiligt war, im Gespräch mit dem STANDARD betont, ist das Problem zudem keineswegs auf Android beschränkt. Auch auf iPhones kann es dazu kommen, dass diese Server-Überprüfungen irgendwann nicht mehr funktionieren.

Grund dafür ist vereinfacht gesagt, dass die App sich beim Betriebssystem für eine erneute Aktivierung registrieren muss. Wenn es reaktiviert wird, muss es sowohl die Infektionsliste abholen als auch diese überprüfen. Unter bestimmten Umständen kann es passieren, dass die App sich nicht mehr registrieren kann für eine weiter Reaktivierung und dann irgendwann sich einfach nicht mehr selber aktivieren kann bis sie manuell neugestartet wird.

Technisch gebe es durchaus Möglichkeiten, dieses Problem zu umschiffen, etwa indem regelmäßige Standortabfragen vorgenommen werden – genau das ist bei der App aber aus Privacy-Gründen nicht opportun.

Manueller Start

Für die Nutzer bleibt insofern vor allem eine Erkenntnis: Wer sicherstellen will, dass die Contact-Tracing-Apps vollständig funktionieren, der sollte sie regelmäßig manuell aufrufen – also etwa einmal am Tag.

Ob man in dieser Hinsicht ein Problem hat, lässt sich übrigens über die Apps recht einfach herausfinden: Sowohl unter Android gibt es in den Systemeinstellungen zum Contact-Tracing (eigentlich: "Exposure Notifications") einen Eintrag namens "Kontaktüberprüfungen". Hier wird mitprotokolliert, wann mit den Servern Kontakt aufgenommen wurde. Im Normalfall sollten sich hier mehrere Einträge pro Tage finden, wenn nicht, dann klappt das Ganze nicht richtig. (Andreas Proschofsky, 24.7.2020)