Bis zur Entdeckung von Caligulas Schiffen hielt man es nicht für möglich, dass die Römer derart riesige Wasserfahrzeuge bauen konnten.
Foto: Archiv

Rom – Der römische Kaiser Gaius Julius Caesar Germanicus wurde nach seinem Tod im Jahr 41 bekannter unter seinem Spitznamen Caligula, also "Soldatenstiefelchen". Er galt posthum als Inbegriff des wahnsinnigen, grausamen Gewaltherrschers, wiewohl die Geschichtswissenschaft den Tyrannen mittlerweile etwas differenzierter sieht. Der römische Kaiser war der Göttin Diana eng verbunden. Am Ufer des kleinen Nemi-Sees 30 Kilometer südöstlich von Rom in den Albaner Bergen ließ er das Heiligtum der Diana Nemorensis restaurieren.

Eigenes Museum für Caligulas Giganten

Außerdem ließ Caligula zwei gewaltige Schiffe bauen, die auf dem kleinen Gewässer kaum navigieren konnten und schon im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung wieder versenkt wurden. Ab 1928 war unter dem Mussolini-Regime der See abgepumpt worden, sodass die gut erhaltenen Nemi-Schiffe im Jahr darauf geborgen und im weiteren Verlauf restauriert werden konnten. Sie wurden in einer eigens dafür errichteten mächtigen Museumshalle untergebracht.

Die Bergungsarbeiten dauerten mehr als ein Jahrzehnt.
Foto: Archiv

Die Schiffe hatten im Verhältnis zu dem nur 1,7 Quadratkilometer großen See geradezu gigantische Ausmaße: Das erste Schiff war 73 Meter lang und 24 Meter breit, das zweite maß 71 Meter Länge und 20 Meter Breite. Auf einem der Schiffe stand ein Tempel für die Göttin Diana, der mit Marmorsäulen, Mosaikböden und vergoldeten Bronzeziegeln geschmückt war. Das zweite Schiff trug eine Palastanlage für Caligula mit einem Warmwassersystem, das Thermen an Bord versorgte. Ob die Schiffe sofort nach dem Sturz Caligulas im Jahr 41 versenkt wurden, oder erst später untergingen, ist ungeklärt. Es gibt jedenfalls keine erhaltenen antiken Quellen zum weiteren Schicksal der Schiffe.

Etwa so stellen sich Forscher Caligulas Riesenschiffe vor.
Illustr.: Carlo Cestra

Nemis Bürgermeister will Entschädigung

Am 31. Mai 1944 waren Caligulas Schiffe durch ungeklärte Umstände bei einem Brand im Museum nahezu restlos vernichtet worden. Nur einige wenige Überreste konnten geborgen und ins Museo Nazionale Romano in Rom gebracht werden. Laut dem Bürgermeister von Nemi, Alberto Bertucci, sei das Museum von den Nazi-Truppen mit dem Ziel in Brand gesteckt worden, die altrömische Vergangenheit Nemis zu zerstören.

Eines der Schiffe im zwischen 1933 und 1939 errichteten Museo delle Navi Romane.
Foto: Archiv

Daher wendet sich Bertucci jetzt an eine deutsche Rechtsanwaltskanzlei in Florenz, um von Deutschland eine Entschädigung für die Zerstörung der Caligula-Schiffe zu fordern, berichtete die Tageszeitung "Corriere della Sera" am Freitag. Die Beweise, dass Nazis das Museum mit den Schiffen zerstört hätten, seien unbestreitbar, sagte der Bürgermeister.

Geld für Nachbau der Schiffe

Bertucci wandte sich für seine Forderung an die deutsche Regierung an Anwalt Joachim Lau, der sich bereits um die Entschädigungsforderung italienischer Bürger wegen des SS-Massakers in der griechischen Ortschaft Distomo 1944 gekümmert hatte. Mit der Entschädigung will die Stadt Nemi unter anderem eine Reproduktion der Schiffe finanzieren.

Video: Aufnahmen von den Bergungsarbeiten aus den 1930er-Jahren.
British Pathé

Archäologen gehen aufgrund von einigen Passagen in Manuskripten aus dem 16. Jahrhundert davon aus, dass sich womöglich ein drittes Caligula-Schiff im Nemi-See befinden könnte. Bisherige Suchaktionen blieben allerdings erfolglos. (red, 25.7.2020)