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Magaluf zählt zu den berüchtigten Hotspots. Hierher kommen gerne britische Touristen.

Foto: Reuters/Enrique Calvo

Unter dem Eindruck rasch steigender Covid-Infektionsraten in dem beliebten Urlaubsland hat Großbritannien in der Nacht zum Sonntag eine 14-tägige Quarantäne für Einreisende aus Spanien verhängt. Damit wird Hundert tausenden von Briten der Sommerurlaub erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Die Regierung habe rasch reagieren müssen, erläuterte Außenminister Dominic Raab in Medien-Interviews. Zu den vom Bann Betroffenen gehören auch zwei Kabinettskollegen.

Auf einer Sitzung des zuständigen Krisenstabes hatten Minister und Experten am Samstag nachmittag die neuesten Statistiken zur Sars-CoV-2 analysiert. Dazu gehörten alarmierende Zahlen aus Nord-Spanien: So verzeichnete allein Katalonien am Samstag mehr als 1500 Neuinfektionen. Daraufhin beschloss der Ausschuss unter Leitung von Kabinettsamtsminister Michael Gove mit einem Vorlauf von kaum mehr als sechs Stunden die Einführung der Selbstisolierungsphase für Einreisende aus ganz Spanien. Gove handelte damit gegen sein eigenes Interesse, weil er diese Woche eigentlich nach Ibiza fliegen wollte.

Fehlende Kapazität für genaue Kontrolle

Der Status von Balearen und Kanaren blieb am Sonntag in der Schwebe. Ausdrücklich sind die Inselgruppen, die bisher nur geringe Infektionsraten meldeten, von der Reisewarnung des Foreign Office ausgenommen. Diese betrifft nur die iberische Halbinsel einschließlich Portugal. Die Lissaboner Regierung war deshalb mit Verweis auf die vergleichsweise gute Bewältigung der Corona-Pandemie schon vergangene Woche in London vorstellig geworden. Hingegen wurden die Reisebeschränkungen für Deutschland, Österreich und die Schweiz zu Monatsbeginn aufgehoben. Ohnehin stand die zuvor geltende Quarantäne nur auf dem Papier, weil Grenzpolizei und Gesundheitsbehörden die Kapazität zu genauer Kontrolle fehlen.

Der Gesundheitssprecher der Labour-Opposition, Jonathan Ashworth, sprach von "einem Chaos, wie wir es gewohnt sind". Davon dürfte auch der Verkehrsminister betroffen sein. Grant Shapps war erst am Samstag morgen in den Familienurlaub an der spanischen Küste aufgebrochen. Sollten sich die Bestimmungen in den kommenden Wochen nicht wieder ändern, womit man nach bisheriger Erfahrung stets rechnen sollte, müsste Shapps also nach der Rückkehr sein Ressort zwei Wochen lang von zuhause aus leiten.

Lieblingsziel

Großbritannien verzeichnet weiterhin täglich Hunderte neuer Covid-19-Erkrankungen. Bis Samstag Abend gab es laut Gesundheitsministerium 45738 Corona-Tote zu beklagen, seriöse Schätzungen halten rund 64000 für wahrscheinlicher. Die Zahl der Toten pro Kopf der Bevölkerung liegt Europaweit nur in Belgien höher; im Wochendurchschnitt erlagen zuletzt täglich 66 Menschen der Pandemie.

Die neuen Vorschriften treffen die Briten besonders hart, weil Spanien zu ihren Lieblingszielen zählt: Im vergangenen Jahr reisten sie 18 Millionen Mal dorthin. Tourismus-Experten schätzten die Zahl der Briten, die entweder bereits vor Ort sind oder demnächst aufbrechen wollten, auf 1,5 Millionen. (Sebastian Borger, 26.7.2020)