Die neuen Einreisebestimmungen sind nicht unkompliziert. Sie unterscheiden zwischen drei Einreise-Konstellationen.

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Die neuen Verordnungen des Gesundheitsministeriums, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, werfen Fragen auf. Bei den neuen, strengeren Einreisebestimmungen, die – mit einer Übergangsfrist für österreichische Staatsbürger und im Land aufenthaltsberechtigte Rückkehrer bis kommenden Samstag – am Montag in Kraft treten, sind sie rechtlich grundlegender Natur.

Konkret ranken sie sich um die nach wie vor für viele Einreisende bestehende Möglichkeit, sich aus einer Quarantäne durch einen währenddessen durchgeführten PCR-Abstrich vorzeitig "herauszutesten".

Funk: "Logisch nicht einwandfrei"

Warum, fragt sich Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk, wird dies Personen zugebilligt, die österreichische Staatsbürger oder im Land aufenthaltsberechtigt sind – einreiseberechtigten Drittstaatsangehörigen hingegen nicht? "Logisch ist das nicht ganz einwandfrei", sagt Funk im Gespräch mit dem STANDARD. Es stelle sich die Frage, "ob es sachliche Gründe für eine solche Differenzierung gibt oder nicht". Unsachliche Unterscheidungen führten zur Aufheben früherer Corona-Verordnungen.

Aber der Reihe nach: Die neuen Einreisebestimmungen sind nicht eben unkompliziert. Sie unterscheiden zwischen drei Einreise-Konstellationen. Frei die Grenze überschreiten dürfen Österreicher, EU-, EWR- und Schweizer Staatsbürger sowie Menschen mit Aufenthaltsrecht in Österreich, die sich seit zehn Tagen in einem Land mit "stabiler" Covid-19-Lage aufhielten. Kommen sie aus einem Risikostaat oder einem Land, das weder auf der Liste sicherer oder unsicherer Länder steht, müssen sie ein Gesundheitszeugnis mit einem weniger als 72 Stunden alten PCR-Test vorweisen oder sich in eine zehntägige Heimquarantäne begeben. Aus dieser können sie sich "freitesten".

Kein Recht auf Einreise hingegen haben Drittstaatsangehörige ohne Österreich-Wohnsitz – es sei denn, sie sind Pflegende, Saisonarbeitskräfte oder Diplomaten oder aber sie kommen aus dem Schengenraum, haben einen höchstens drei Tage alten PCR-Test und gehen für zehn Tage in Quarantäne. Diese müssen sie absitzen. Ein neuerliches negatives Testergebnis verkürzt die Frist nicht.

EU-"Travel-Ban" als Erklärung

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums rechtfertigt die "Freitest"-Diskrepanz mit dem "Travel-Ban", der EU-weit im Grunde für alle Drittstaatsangehörigen gelte. Dieser mache eine solche Unterscheidung möglich.

Der Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer kritisiert indes die wiederholten juridischen Pannen rund um die Corona-Verordnungen. "Das ist die Konsequenz einer seit langem zu beobachtenden Tendenz, die juristische Kompetenz auf Ebene der Ministerien zu verdünnen", sagt er.

Tatsächlich gebe es hier gröbere Probleme, wie DER STANDARD erfuhr. Die Hausjuristen des Gesundheitsministeriums versuchten oft tagelang vergebens, kompetenten Rat beim Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt zu erhalten, und erreichten niemanden. Im Ministerium stellt man das in Abrede: "Die Kommunikation zwischen unserer Legisten und den Juristen beim Verfassungsdienst ist sehr gut." (Irene Brickner, 27.7.2020)