Blick auf Ganymeds Nordpol.
Foto: NASA/JPL-Caltech/SwRI/ASI/INAF/JIRAM

Im Vergleich etwa zu Europa, mit dessen potenziellem Ozean unter seiner Eiskruste, schafft es Ganymed deutlich seltener in die Medien. Es ist auch schwer anzukommen gegen Spekulationen über außerirdisches Leben. Dabei kann der von Jupiter aus gezählt dritte Galileische Mond mit einigen Einzigartigkeiten aufwarten. Während Io, Europa und Kallisto alles weibliche Geliebte von Göttervater Zeus sind, ist Ganymed der einzige nach einer männlichen Figur der griechischen Mythologie benannte Galileische Mond. Freilich war der "Schönste aller Sterblichen ebenfalls ein Loveinterest von Zeus.

Riesiges Leichtgewicht mit Kontinenten

Astronomisch relevanter ist allerdings, dass Ganymed mit einem mittleren Durchmesser von 5262 Kilometer der größte Mond des Sonnensystems ist – um acht Prozent größer als der Merkur, aber nur mit 45 Prozent seiner Masse. Seine Hunderte Kilometer dicke Oberfläche aus Eis besteht aus zwei kontinentalen Platten, die sich unabhängig voneinander bewegen. Ähnlich wie auf der Erde säumen die Randzonen dieser unterschiedlich alten Platten flache Gebirgszüge. In einigen Regionen beobachteten die Forscher Hinweise auf kryovulkanisache Aktivität, bei der statt Gesteinschmelze Wasser zutage tritt.

Die JIRAM-Aufnahmen vom 26. Dezember 2019 zeigen die Signatur von amorphem Eis am Nordpol von Ganymed.
Foto: NASA/JPL-Caltech/SwRI/ASI/INAF/JIRAM

Noch eine Eigenschaft unterscheidet Ganymed von allen anderen Monden im Sonnensystem: Er ist der einzige mit einem eigenen magnetischen Dipolfeld, das sogar Polarlichter verursachen kann. Da Ganymed keine Atmosphäre hat, werden geladene Teilchen vom Magnetfeld fortlaufend zu den Polen geleitet. Die ersten Aufnahmen vom Nordpol des Jupitermondest, gelungen mithilfe des JIRAM-Instruments an Bord der Nasa-Sonde Juno, zeigen nun, welche drastischen Auswirkungen dieses permanente Partikelbombardement auf das Eis hat.

Amorphes Eis

Der sogenannte Jovian Infrared Auroral Mapper soll höhere Atmosphärenschichten untersuchen und hat Strahlung im nahen Infrarotbereich von Ganymeds Nordpol eingefangen. "Die JIRAM-Daten zeigen, dass das Eis im Bereich des Nordpols durch den Beschuss mit Plasma verändert wurde", sagt Alessandro Mura vom National Institute for Astrophysics, Wissenschafter der Juno-Mission. "Es ist ein Phänomen, das wir zum ersten Mal beobachten können, weil wir direkten Blick auf den Nordpol haben."

Das ständige Einprasseln der Teilchen hat die kristalline Struktur des Eises an den Polen zerstört und es amorph gemacht. Mit anderen Worten: Die Wassermoleküle dieser Eisvariante sind, ähnlich wie in Glas,ohne Fernordnung unregelmäßig angeordnet. Der Unterschied lässt sich an verschiedenen Infrarotsignaturen der Wassereismoleküle an den Polen und am Äquator festmachen. (red, 27.7.2020)