Der Chef der rechtskonservativen slowenischen SDS, Janez Janša, ist schon zum dritten Mal Premier. Der 62-Jährige pflegt ein Naheverhältnis zu Ungarns Premier Viktor Orbán und dessen Partei Fidesz.

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Die Hände der Bronzestatue des slowenischen Nationaldichters France Prešeren im Zentrum von Ljubljana wurden von Aktivisten in Ketten gelegt, um zu vermitteln, dass das freie Wort in Gefahr sei. Seit Anfang Mai gibt es in einigen Städten Sloweniens jeden Freitag Demonstrationen. Auslöser waren Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung unter dem Nationalpopulisten Janez Janša, die erst seit März im Amt ist.

Anfänglich fuhren die Menschen einfach mit dem Rad im Kreis herum, um das Verbot von öffentlichen Versammlungen zu umgehen. Nun wird wieder auf klassische Weise demonstriert – aber nicht nur von Gegnern der Regierung. "In jüngster Zeit begannen maskierte Unterstützer der Janša-Politik, die als ‚Gelbwesten‘ bezeichnet werden, ihre eigenen Anti-Proteste abzuhalten, um Vorfälle zu provozieren", erzählt der Politologe Marko Lovec von der Uni Ljubljana dem STANDARD.

Diese "Gelbwesten" gaben an, dass sie mit geheimen Kameras filmen würden, ob Angestellte im öffentlichen Dienst an den Protesten gegen Janša teilnähmen. Janša selbst steht im europäischen Vergleich weit, weit rechts. Er teilte auf Twitter mehrere Beiträge der Identitären Bewegung Sloweniens, darunter auch eine Unterstützungserklärung für den österreichischen Identitären-Chef Martin Sellner.

Mit Ungarn und Polen

Spätestens seit dem letzten EU-Gipfel um das Krisenhilfspaket ist klar, dass Slowenien unter Janša seine politische Position innerhalb der EU drastisch verändert. Das mitteleuropäische Land, das für Liberalismus und eine stark proeuropäische Ausrichtung stand, stellte sich nun auf die Seite der illiberalen Regierungen von Ungarn und Polen, die dagegen ankämpften, dass die Vergabe von Geldmitteln an Rechtsstaatlichkeit gebunden wird.

Auch der Einfluss von Ungarns Regierungspartei Fidesz nimmt zu. Medien, die der Janša-Partei SDS zugerechnet werden, wurden von Fidesz-nahen Firmen finanziert. Ein slowenischer Privatsender wurde von einem ungarischen Unternehmer gekauft. Wie bereits in seinen vorigen Amtszeiten (2004–2008 und 2012) eskaliert Janšas Verhältnis zu den Mainstreammedien wieder. Der Premier schießt sich auf den öffentlichen Rundfunk RTV Slovenija ein, dessen Mittel nun gekürzt werden sollen. Die Regierung lancierte eine Medienreform, durch welche die Aufsichtsräte der staatlichen Nachrichtenagentur STA von der Regierung und nicht vom Parlament ernannt werden sollen.

Auch sein Verhältnis zum Rechtsstaat ist irritiert. In einer Mischung aus chronischer Paranoia und Selbstviktimisierung bezeichnet der Premier sich seit seiner Verurteilung wegen Schmiergeldzahlungen beim Ankauf finnischer Radpanzer 2014 als "politischen Gefangenen". Der selbsternannte Kämpfer gegen den Kommunismus "benutzt dieselben Methoden, die er als junger Kommunist gelernt hat, und erkennt nicht die Bedeutung von Pluralismus für die Demokratie oder die Notwendigkeit an, dass Menschen in Machtpositionen ausgewechselt werden", analysiert Lovec.

In der Koalition durchhalten

Um seine hauchdünne Mehrheit (46 von 90 Sitzen) im Parlament zu behalten, bindet er die Koalitionspartner mit Postenvergaben. Janša hofft, jene Wähler an sich zu binden, die bisher die Zentrumsparteien gewählt haben. "Je länger diese Koalition zusammenbleibt, desto erfolgreicher wird er deshalb sein", meint Lovec. Denn mit der Zeit könne er über Medien und Wirtschaftsnetzwerke stärker einwirken.

Janša will bis zur Wahl 2022 durchhalten, doch seine Regierung ist wegen des unnötig überteuerten Kaufs von Masken, Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten unter Kritik. Ein Beamter der staatlichen Logistikagentur gab an, dass mittels politischen Drucks bestimmte Firmen bevorzugt worden seien. Nun wollen die Regierungsparteien selbst einen U-Ausschuss in der Causa einsetzen. Ex-Premier Marjan Šarec kommentierte dies mit Humor: "Der Fuchs will untersuchen, wie viele Hühner verschwunden sind." (Adelheid Wölfl, 29.7.2020)