Arsia Mons ist der zweitgößte Vulkan unseres äußeren Nachbarplaneten. Fast 20 Kilometer ragt der Schildvulkan in die Höhe, seine Caldera, die einst beim Einsturz einer Magmakammer entstand, hat einen Durchmesser von 110 Kilometern. In den vergangenen Jahren beobachteten Forscher dort regelmäßig die Entstehung eines ungewöhnlichen Phänomens: Etwa 20 bis 30 Kilometer über dem Vulkan bildet sich Richtung Westen über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten täglich eine extrem lange, dünne Wolke, sie misst bis zu 1.800 Kilometer.

Jetzt ist es wieder soweit. Auf Aufnahmen der europäischen Raumsonde Mars Express vom 17. und 19. Juli 2020 ist das beeindruckende Wolkenband erneut zu sehen.

Auf diesen Aufnahmen von Mitte Juli ist die Wolke unten links bzw. mittig deutlich zu erkennen.
Foto: ESA/GCP/UPV/EHU Bilbao

Vulkanischer Ursprung ausgeschlossen

Fast könnte man meinen, es handle sich um eine Eruptionswolke – doch Arsia Mons ist längst erloschen. Die Wolke besteht nicht aus vulkanischen Gasen, sondern aus Wasserdampf, wie spektroskopische Untersuchungen zeigen. Zudem entsteht sie immer zur gleichen Jahreszeit – ein weiterer Grund, einen geologischen Ursprung auszuschließen.

"Wir haben dieses erstaunliche Phänomen untersucht und bereits erwartet, dass es jetzt wieder auftauchen wird", sagt Jorge Hernandez-Bernal von der Universität Baskenland in Bilbao, der eine Studie zur Wolkenformation vorbereitet. "Diese langgestreckte Wolke bildet sich immer rund um die Zeit der Sonnenwende auf der südlichen Hemisphäre des Mars."

Luftstrom in Lee

Die Entstehung der Wolke wird offenbar durch Luftströme an der Leeseite des Vulkans Arsia Mons beeinflusst – also der vom Wind abgewandten Seite. Dabei durchläuft das Band im Laufe eines Marstages große Veränderungen: In den frühen Morgenstunden wächst die Wolke für etwa drei Stunden rasant an, erreicht ihre größte Ausdehnung und verschwindet dann nach einigen Stunden wieder. Der genaue Mechanismus dahinter ist noch nicht geklärt.

Bei anderen großen Vulkanen in der Region wurde dieses Phänomen noch nie beobachtet. Forscher hoffen, mithilfe von Mars Express und anderen Raumsonden bald mehr über die ungewöhnliche Wolke herausfinden zu können. Die kommenden Wochen dürften wieder eine gute Gelegenheit für die Beobachtung bieten. (dare, 3.8.2020)