Altersheime rüsten sich für eine zweite Welle – schon jetzt soll sich eine erneute Knappheit bei Schutzausrüstung abzeichenn.

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Im internationalen Vergleich, so sind sämtliche Verantwortlichen stets bemüht zu betonen, schnitt Österreich gut ab in der Coronavirus-Krise. Auch was die Auswirkungen auf Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen angeht. Dennoch: Eine Studie der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) zeigt, dass ein Drittel aller Covid-Sterbefälle in Österreich auf Infektionen in Alters- und Pflegeheimen zurückzuführen ist. Grund genug, sich schon jetzt, wo die Warnung vor einer neuerlichen Infektionswelle immer lauter wird, darüber Gedanken zu machen, wie man mit dieser umgehen wird.

Die Caritas berief anlässlich dessen am Mittwoch eine Pressekonferenz ein und stellte Forderungen an die Politik. Eine im Bund angesiedelte Pflege-Taskforce brauche es, hieß es da, außerdem mehr und schnellere Tests. Es dürfe nicht mehr passieren, dass die ärztliche Versorgung in der Pandemie leide, und es brauche Klarheit, wer für zusätzliche Personalkosten aufzukommen hat.

Caritas-Präsident Michael Landau sagte, es brauche dringend eine Absage an den Föderalismus und bundeseinheitliche Regeln, denn nur so hätten Heimbetreiber Rechtssicherheit. Ex-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) sprach davon, dass es schon jetzt Anzeichen für erneute Engpässe bei Schutzkleidung gebe, der Bund müsse hierbei unterstützen. "Noch immer müssen selbst kleine Pflegeanbieter mit ganzen Staaten am Weltmarkt konkurrieren", sagte sie, daher müsse man dringend Vorräte anlegen.

Screeningstationen bleiben, Besuchsverbot auch

Ein anderer Heimbetreiber, das Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser (KWP), blickt etwas gelassener in den Herbst. Was Schutzausrüstung und insbesondere Masken angehe, sei man derzeit "safe", sagt ein Sprecher – obwohl neuerdings auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pensionistenwohnhäuser stets eine Maske tragen müssen. Auch was Personalengpässe angeht, macht man sich im KWP nur mäßig Sorgen. Sollte es wieder zu einem Lockdown kommen, würden auch die Pensionistenklubs des KWP schließen und damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frei werden, die man – wie schon beim letzten Shutdown – in den Pflegewohnhäusern einsetzen könne.

In den Pflegewohnhäusern des Wiener Gesundheitsverbunds (ehemals KAV) habe man, so ein Sprecher, schon im Mai isolierte Screeningstationen für akute Sofortneuaufnahmen eingerichtet, in denen diese auf das Virus getestet werden, bevor man die Neuzugänge auf die Häuser aufteilt. Das wolle man beibehalten, ebenso sollen Besuchsregeln vorerst nicht gelockert werden.

Gerichtsverfahren wegen isolierter Bewohner anhängig

Häuser des KWP – und auch andere Alters- und Pflegeheime – waren mitten in der Krise mit heftiger Kritik konfrontiert, weil Bewohnerinnen und Bewohner auch ohne behördliche Anordnung in Quarantäne mussten. Ob man das wieder so machen würde, so der KWP-Sprecher, hänge von den Vorgaben der Bundesregierung ab.

Vertretungsnetzwerke kontrollieren im Normalfall, ob Heimbewohnerinnen und -bewohner in ihrer Freiheit beschränkt werden und ob diese Beschränkung gerechtfertigt ist. Sie können Fälle auch vor Gericht bringen. Allein das Vertretungsnetz brachte seit April 30 derartige Verfahren im Zusammenhang mit dem Coronavirus vor Gericht, elf davon in Wien. Nur wenige der Verfahren seien bisher rechtskräftig abgeschlossen, heißt es vom Vertretungsnetz, bei einigen sei Rekurs angemeldet worden, eines sei beim Obersten Gerichtshof anhängig.

Behandelt werden in den Verfahren etwa Fälle, in denen eine Zimmerisolierung angeordnet wurde, wenn ein Bewohner aus dem Krankenhaus oder von einem Spaziergang zurückkam. In allen Verfahren habe das Gericht bestätigt, dass trotz Coronavirus-Krise das Heimaufenthaltsgesetz – es regelt, wie viel Freiheit Heimbewohnerinnen und -bewohnern zustehen muss – anzuwenden war und damit auch, dass sie nicht stärker isoliert werden dürfen als der Rest der Bevölkerung, also nur dann, wenn es einen behördlichen Bescheid dafür gibt.

Fleckerlteppich auch bei der 24-Stunden-Betreuung

Unsicherheit herrscht auch im Bereich der 24-Stunden-Betreuung. Zwar gibt es derzeit Ausnahmen für Drittstaatsangehörige, die in der Pflege arbeiten – sie dürfen einreisen, müssen aber einen Test machen –, doch die allermeisten der Personenbetreuerinnen kommen aus Rumänien und damit aus einem Risikoland. Sie dürfen zwar einreisen, müssen aber einen Test vorweisen oder bis zu einem Test, der maximal 48 Stunden nach der Einreise gemacht werden darf, in Quarantäne. Kein Problem gibt es dahingehend für Personenbetreuerinnen aus der Slowakei, die zweithäufigste Gruppe unter jenen Frauen, die in Österreich tätig sind. Die Slowakei gilt derzeit als sicheres Herkunftsland, die Hin- und Herreise ist ohne Restriktionen möglich.

Im Falle der Rumäninnen ist jedoch unklar, wer für die Kosten eines Tests aufkommen soll. Agenturbetreiber und Pflegeaktivist Klaus Katzianka sagt: "Wir brauchen kostenfreie Testungen für die Personenbetreuerinnen. Solange wir die nicht haben, wird das ein Problem sein." Die Caritas forderte in dem Zusammenhang am Mittwoch, dass es an allen Grenzen Schnelltests für Pflegepersonal geben sollte. (Gabriele Scherndl, 29.7.2020)