Zuletzt hatte der jetzige Betreiber Gewista nach einem Streit mit der Stadt Wien rund die Hälfte der bestehenden 120 Citybike-Standorte geschlossen.

Foto: Robert Newald

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat das Warten offenbar statt. Nachdem die Verhandlungen seiner Vize Birgit Hebein (Grüne) mit der Gewista gescheitert sind, hat Ludwig nun das Thema Citybikes zur Chefsache erklärt. Es habe "keine Lösung im zuständigen Ressort" gegeben, betonte er. Am Mittwoch konnte er daher selbst mit einer Antwort auffahren: Er werde die Wiener Linien ersuchen, sich künftig der Gratisfahrräder anzunehmen, sagte Ludwig vor Journalisten. Es brauche nun "sehr schnell eine Lösung", um das "echte Erfolgsmodell" weiterzuführen. Ein entsprechender Vertrag mit dem Öffibetreiber sei bereits in Arbeit.

Von heute auf morgen geht das freilich nicht. Rund zwei Monate, so schätzt Ludwig, werde es dauern, bis alles unter Dach und Fach ist. So lange werden viele Wiener auf die Fahrt mit einem Citybike verzichten müssen. Lieber wäre ihm natürlich ein strafferer Zeitplan gewesen.

Gewista schloss Standorte

Denn bereits Ende Mai hatte die Gewista, die in Wien die Citybike-Stationen betreut, mit dem Aus der Verleihstationen gedroht. Die Instandhaltungskosten seien zu hoch gewesen. Einige Wochen später bestätigte die Firma, dass die Verhandlungen mit Hebein gescheitert waren. Denn die Planungsstadträtin hatte die Forderungen der Gewista nach einer höheren finanziellen Beteiligung der Stadt abgelehnt.

Die Gewista wiederum verkündete, rund die Hälfte der bestehenden 121 Standorte – vorrangig innerhalb des Gürtels – zu schließen. Damit bleiben vorerst nur noch 60 Citybike-Stationen geöffnet, die seit dem Jahr 2010 in der zweiten Citybike-Ausbauphase vor allem in den Außenbezirken errichtet wurden. Für diese Stationen übernimmt die Stadt sei jeher die Kosten – jährlich sollen das rund 860.000 Euro sein, die den laufenden Aufwand für die 60 Ausleihplätze abdecken.

"Wir werden mit der Gewista eine sinnvolle Lösung finden", sagte Ludwig. Es ergebe jedenfalls keinen Sinn, ein "Parallelsystem" zu fahren, weshalb die Wiener Linien alle 121 bestehenden Stationen betreiben sollten. Dabei will sich die Stadt langfristig binden, für den Öffi-Betreiber seien schließlich auch Investitionen mit der Übernahme verbunden. Außerdem sollen das Citybike-Netz ausgebaut und die Flotte technisch aufgebessert werden.

Bei den Wiener Linien bestätigt man auf STANDARD-Anfrage, dass man innerhalb von "ein bis zwei Monaten" wieder in den Vollbetrieb wolle. "Wir gehen davon aus, dass wir noch im Sommer die geschlossenen Stationen wieder aufmachen", sagt ein Sprecher. Den Auftrag vom Bürgermeister bekam man erst am Mittwoch, dennoch sind die Pläne, wie es mit den Citybikes weitergehen soll, schon recht konkret.

Langfristiges Ziel sei es, eine Vergabe für ein wienweites Bike-Sharing zu starten und die Stationen weiter auszubauen, angedacht sei laut Sprecher eine Station bei jeder U-Bahn-Haltestelle. Zudem überlege man, wie man die Nutzung der Räder in die Wien-Mobil-App integrieren und welche Angebote man für Jahreskartenbesitzer schaffen könne.

Finanziell sollte auf die Wiener Linien keine Belastung zukommen, die zwei Millionen Euro jährlich, die der Betrieb laut Wiener Linien in etwa kosten werde, werden von der Stadt zur Verfügung gestellt.

"Man hat nichts davon, Vorstellungen und Wünsche in den Medien zu kommunizieren", sagte Ludwig am Mittwoch in Richtung Hebein. Diese hatte vor einiger Zeit ebenfalls anklingen lassen, dass sie die Weiterführung des Leihradsystems durch die Wiener Linien gut fände. Seither sei nichts passiert.

Grünes Licht von Roten

Bei den Wiener Grünen sieht man die Sache anders: Hebein habe den Vorschlag, dass die Wiener Linien künftig für den Fahrradverleih zuständig sein sollen, der SPÖ unterbreitet; genau 13 Tage seien seither vergangen, man habe keine Rückmeldung bekommen, skizziert der grüne Klubchef David Ellensohn die Geschichte im Gespräch mit dem STANDARD aus der Sicht seiner Partei. Hebein hätte in dieser Zeit des Wartens auch wenig unternehmen können, schließlich ressortieren die Wiener Linien nicht bei ihr, sondern fallen in den Aufgabenbereich der roten Öffistadträtin Ulli Sima. Zudem habe man das Go des Koalitionspartners einholen wollen. Mit der Lösung, die Ludwig nun präsentiert hat, sei man aber zufrieden, sagt Ellensohn – schließlich sei das auch ein grüner Vorschlag gewesen.

Die SPÖ habe hingegen darauf gedrängt, der Gewista nachzugeben, sagt Ellensohn. Dabei sei es nicht nur "rechtlich unmöglich" gewesen, sondern hätte auch den Prinzipien der Grünen widersprochen, der Gewista "einfach eine Million Euro rüberzuschieben" – ohne Ausschreibung, sagt Ellensohn.

Durch die "Inhouse-Lösung" mit den Wiener Linien ist die Ausschreibung, die Hebein noch vor ein paar Wochen in den Raum gestellt hatte, übrigens nun hinfällig. Diese hätte schlicht zu lange gedauert, sagt Ellensohn. "Dann hätten wir heuer keine Citybikes mehr gehabt." (Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, 29.7.2020)