"Errichtet der ungewürdigten Leistung der unbekannten Hausfrau": Für drei Tage (30. 7. – 1. 8.) wird die Skulptur aus etwa 30 Leintüchern im Wiener Resselpark stehen. Ein Denkmal, das auch bleiben könnte.
Foto: Margot Pilz

"So groß sollten sie schon sein", sagt Margot Pilz und spreizt die Finger ihrer Hand, so weit sie kann. Man soll den Schriftzug ja auch von weitem lesen können. "Hausfrauendenkmal" wird dort in schwarzen Blockbuchstaben auf weißem Stoff stehen. Dieses Denkmal wird die 84-jährige Künstlerin im Rahmen das Projekts Kiss der Kunsthalle Wien auf dem Karlsplatz aufstellen und Donnerstagabend enthüllen. Noch ist es in der Werkstatt: "Mehr Knoten und mehr Tücher", weist Pilz an. Es soll alles so sein wie damals.

Vor knapp 40 Jahren nahm Pilz, die als eine der Pionierinnen österreichischer Medien- und Konzeptkunst gilt, im Jahr 1979 am Steirischen Herbst teil und hängte mit anderen Künstlerinnen des feministischen Netzwerks Intakt den Grazer Stadtpark voller Leintücher.

Wer macht die Wäsche?

Aus diesem Material bestand auch ihr Denkmal, das sie dort errichtete und der "unbekannten Hausfrau" und ihrer "ungewürdigten Leistung" widmete: Auf einem vertikalen, mehr als zwei Meter hohen Ast hingen benutzte Leintücher. So viele, dass sie sich zu einem Zelt bauschten – lange Schleppen griffen wie Tentakel um sich.

Für Pilz sind Leintücher direkt mit unserem Leben verbunden: "Auf ihnen werden wir geboren, wir lieben darauf und sterben dort", erklärt die 1936 in den Niederlanden geborene und seit 1954 in Wien lebende Künstlerin. Und natürlich fragen sie: Wer wäscht uns? Wer pflegt die Menschen, die auf uns liegen? Das sind Arbeitsrituale, die großteils unbezahlt von Frauen verrichtet wurden – und noch immer werden.

Die aktuelle Krise habe das deutlich bestätigt: "Von uns Frauen wird verlangt, neben Berufs- und Liebesleben auch noch Homeschooling und Haushalt unterzubringen", ist Pilz brüskiert. "Es ist unglaublich, wie wir uns ausbeuten lassen!" Aus diesem Grund soll das Denkmal erneut aufgestellt werden. Sogar 40 Jahre später habe es kaum an Aktualität verloren, findet auch Kuratorin Anne Faucheret.

"Damals legten Hausfrauen als Dank Blumen vor das Denkmal", erinnert sich Margot Pilz.
Foto: Kunsthalle Wien

Bei dem Kiss-Projekt, das sich mit kultureller und gesellschaftlicher Intimität, mit Nähe und Distanz beschäftigt, sollen nicht nur neue Beiträge in den öffentlichen Raum geholt werden. "Es ist Kunst, die so stark ist, dass sie viele Jahre später noch relevant ist", so Faucheret.

Für Pilz ist es ein emotionaler Moment, ihr Denkmal nach so langer Zeit wiederzusehen. Zwar sind die Innenverstrebungen jetzt aus geschliffenen Holzbalken, die Leintücher aus Frühstückspensionen oder von Willhaben, und die Skulptur um einen halben Meter höher – trotzdem sieht sie so aus wie damals.

"Kaorle am Karlsplatz"

Was sich hingegen stark geändert habe, sei der öffentliche Raum. Speziell der Karlsplatz ist für Pilz von zentraler Bedeutung und dient als Vergleich: Bei Kaorle am Karlsplatz schüttete sie 1982 vor der Kirche Tonnen von Sand auf, machte den Ort mit Liegestühlen und Palmen zu einer sozialen Installation. "Plötzlich war es kein Problem, dass die Menschen in den Brunnen stiegen", erzählt Pilz. Heute seien Aktionen wie diese mühsamer, bürokratisch aufwendiger zu verwirklichen und brauchen etliche Genehmigungen.

So wurde auch der eigentliche Plan, das Hausfrauendenkmal bis in den Herbst stehen zu lassen, durchkreuzt. Schuld daran hätten die strengen Auflagen der Stadt, bedauern Pilz und Faucheret. Vandalismus, Brandgefahr, Abtragung durch Wind und Beschädigung der Bäume seien potenzielle Gefahren, weshalb das Denkmal nur drei Tage zu sehen sein und dann in einer festlichen Demontage abgetragen wird.

Neue Denkmäler für Wien!

Gerade in einer Zeit wie der jetzigen ein Denkmal aufzustellen findet Pilz absolut richtig. Wien könnte ihrer Meinung nach ohnedies mehr zeitgenössische Statuen vertragen. Immerhin gäbe es genügend, die entfernt werden könnten. Am liebsten hätte sie ja eines ihrer Leintücher über das Lueger-Denkmal am Ring gestülpt. "Vielleicht das nächste Mal", lacht sie.

Denn anders als jene nun in der Debatte stehenden (meist männlichen) Helden-Verehrungen geht es bei ihrem Hausfrauendenkmal darum, anonymer Hausfrauen zu gedenken – und sie so sichtbar zu machen. Eigentlich sollte ihr Denkmal ewig stehen dürfen, findet Pilz. Oder zumindest so lange, bis Männer und Frauen für die gleiche Arbeit das gleiche Geld bekommen. (Katharina Rustler, 30.7.2020)