Lukaschenko lässt sich von Covid-19 nicht unterkriegen.

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Alexander Lukaschenko ist ein ganzer Kerl, einer, der sich von nichts und niemandem umwerfen lässt. Wen seine bisherige Performance als Langzeitpräsident von Weißrussland (Belarus) und Eishockeyspieler nicht überzeugt hat, den will der 65-Jährige durch ein Geständnis gewinnen: Lukaschenko hat sich eigenen Angaben nach mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt.

Beim Besuch einer Spezialeinheit des weißrussischen Innenministeriums entschuldigte sich Lukaschenko für seine heisere Stimme. Das liege nicht nur daran, dass er viel sprechen müsse, sondern auch daran, "dass Sie heute einen Menschen treffen, der es fertiggebracht hat, das Coronavirus arbeitend durchzustehen", sagte er vor versammelter Mannschaft.

Lukaschenko versicherte, dass er "wie 97 Prozent der Bevölkerung" keine Symptome gezeigt und von seiner Infektion erst durch einen ärztlichen Test erfahren habe. "Endlich gehöre ich auch zum Goldfonds derjenigen, die das Virus überwunden haben", scherzte er.

Die "Psychose" des Präsidenten

Der weißrussische Präsident ist nicht das erste Staatsoberhaupt, das sich mit dem Virus infiziert hat. Vor ihm wurden unter anderem Großbritanniens Premier Boris Johnson (Ende März) und Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (Anfang Juli) positiv darauf getestet. Ebenso wie die beiden hatte auch Lukaschenko stets die Gefahr von Covid-19 dementiert und die Krankheit mit einer gewöhnlichen Grippe gleichgesetzt. Lukaschenko sprach gar von einer "Corona-Psychose", und auf seine Anweisung hin verzichtete Weißrussland auf breitangelegte Quarantänemaßnahmen.

Seinen leichten Krankheitsverlauf dürfte Lukaschenko im Wahlkampf als Argument für die Richtigkeit seiner These benutzen. In Minsk hatte es durchaus Kritik an seiner laxen Gesundheitspolitik gegeben, als im April und Mai die Fallzahlen deutlich anstiegen. In der Zeit schwächte er seine rigorose Verweigerungsrhetorik auch deutlich ab und nahm die Ärzte mit ihrem "Kopf" für das Leben jedes einzelnen Patienten in Haftung. Laut offizieller Statistik ist die Lage mit 548 Toten unter Kontrolle.

Einer gegen alle

Bei der anstehenden Präsidentenwahl am 9. August gilt Lukaschenko als großer Favorit. Nachdem er seine wichtigsten Kontrahenten Viktor Babariko, Waleri Zepkalo und Sergej Tichanowski mit Strafverfolgung aus dem Rennen drängte, hat sich das Trio – und damit quasi die gesamte Opposition im Land – allerdings hinter Swetlana Tichanowskaja, der Ehefrau Tichanowskis, geschart.

Deren Kandidatur hatte Lukaschenko durchgewinkt, womöglich auch deshalb, weil er sie unterschätzt hat. Hatte der seit 1994 amtierende Präsident doch zuvor abfällig erklärt, Frauen seien noch nicht reif dafür, Weißrussland zu führen.

Mit einer couragierten Wahlkampagne zeigt Tichanowskaja aber, dass sie gewillt ist, Weißrussland aus der politischen Apathie zu führen. Sie rief die Bürger dazu auf, ihre Stimme nicht per Briefwahl, sondern persönlich abzugeben, um Manipulationen zu vermeiden. Bei der vergangenen Präsidentenwahl hatte mehr als ein Drittel der Wähler die Stimme vorzeitig abgegeben. Wichtigstes Ziel ihrer Kampagne nannte Tichanowskaja die anschließende Durchführung echter demokratischer Wahlen.

Lukaschenko hingegen präsentiert sich als Retter der Nation. So ließ er am Mittwoch 32 Männer – angeblich Mitglieder der russischen Söldnereinheit Wagner – in Minsk festnehmen. (André Ballin aus Moskau, 30.7.2020)