Trump hat wiederholt seine Zweifel an der Legitimität der Briefwahl zum Ausdruck gebracht (im Bild: eine Wachsfigur des US-Präsidenten).

Foto: AFP/TOLGA AKMEN

Washington – US-Präsident Donald Trump hat erstmals offen mit dem Gedanken an eine Verschiebung der Wahl im November gespielt. In einem Tweet schrieb er am Donnerstag mit Blick auf den von ihm befürchteten Wahlbetrug durch eine vermehrte Stimmabgabe durch Briefwahl infolge der Corona-Pandemie: "Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???"

Die Wahlen drohten die "fehlerhaftesten und betrügerischsten" in der US-Geschichte zu werden, meinte Trump. "Es wird eine große Blamage für die USA", schrieb er weiter. Nach Widerspruch sowohl aus der demokratischen wie auch seiner eigenen Partei, relativierte Trump seinen Vorschlag am Donnerstag in einer Pressekonferenz wieder. Er wolle keine Terminänderung, doch wolle er auch keine "betrügerische Wahl".

Dauerthema Briefwahl

Nur der US-Kongress kann den Wahltermin verschieben, das ist in der Verfassung festgeschrieben. Da die oppositionellen Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, hätte eine Verschiebung ohnehin als höchst unwahrscheinlich gegolten.

Schon in den vergangenen Monaten hatte Trump wiederholt Briefwahlen als besonders betrugsanfällig kritisiert. Experten stufen hingegen dieses Risiko als sehr gering ein. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, schon im Vorfeld den Wahlprozess in ein schlechtes Licht rücken zu wollen – um das Ergebnis im Falle seiner Niederlage in Zweifel ziehen zu können. In den Umfragen liegt Trump hinter seinem Rivalen Joe Biden zurück, dies teils sehr deutlich.

Trump hat mehrfach unbelegte Behauptungen vorgebracht, dass die Stimmabgabe manipuliert werden könnte, und sich geweigert zu versichern, dass er im Falle einer Niederlage offizielle Wahlergebnisse akzeptieren würde.

Kritik von beiden Seiten

Es war nun aber das erste Mal, dass Trump offen eine Verschiebung der Wahl ins Spiel brachte. "Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt", reagierte der ebenfalls konservative Senator Marco Rubio auf Trumps Tweet. "In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und dem Bürgerkrieg, haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten", sagte der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell. "Wir werden einen Weg finden, das auch am 3. November zu machen." Der Wahltermin sei "in Stein gemeißelt", so McConnell.

Die oppositionellen Demokraten bezeichneten Trumps Äußerung als "verzweifelten Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken". Kurz vor Trumps Tweet waren neue Konjunkturdaten veröffentlicht worden. Demnach erlitt das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal wegen der Corona-Krise einen historischen Einbruch und schrumpfte im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,5 Prozent. (APA, red, 31.7.2020)