Das Projekt "Kayser" hat auch kleine Wohnungen im Angebot, ...

Foto: JP Immobilien

... im "Palais Kolin" wäre noch das Penthouse ganz oben zu haben.

Foto: WK-Development

Wer in Wiens erstem Bezirk wohnen möchte, will dies nicht nur wegen der netten kleinen Gassen, der imperialen Fassaden und des nostalgischen Flairs. Für viele zählt die Postleitzahl und die damit verbundene Message: Wer hier residiert, kann es sich leisten. Der Nachfrage an Luxus im ersten Bezirk hat auch die Corona-Pandemie keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Maklerinnen und Makler berichten derzeit sogar von mehr Anfragen.

Wenige neue Projekte

Für ausländische Interessenten sind Besichtigungen aber aufgrund der Reisebeschränkungen immer noch schwierig, berichtet Michaela Orisich, Luxusimmobilienexpertin bei Otto Immobilien. Noch etwas wird in den nächsten Monaten erschwerend hinzukommen: Nach einem Bauboom im ersten Bezirk in den letzten Jahren sind nun weitaus weniger neue Projekte am Start. Die Auswahl an Luxuswohnungen ist also begrenzt. In den letzten Jahren wurde beispielsweise die frühere K.K. Telegrafen Centrale am Börseplatz zu einem Luxuswohnobjekt um- und ausgebaut, Hochpreisiges ist außerdem mit dem Palais Schottenring, der Cotton Residence in der Neutorgasse sowie den Projekten "Am Werdertor" und "Werder Six" entstanden. Die meisten dieser Wohnungen sind mittlerweile aber verkauft.

In Bau befindet sich aktuell – ungewöhnlich für den Ersten – ein Neubauprojekt von ARE Austrian Real Estate GmbH und JP Immobilien. Bis Ende 2021 soll das Wohnprojekt "Kayser" mit 68 Wohnungen und einer Geschäftsfläche am Franz-Josefs-Kai fertiggestellt sein. 40 Prozent der Wohnungen sind verkauft – und zwar zur Überraschung von JP-Immobilien-Geschäftsführer Martin Müller hauptsächlich an Wienerinnen und Wiener. Besonders die kleineren Wohnungen mit Größen ab 33 Quadratmetern seien zur Vermietung erworben worden.

Um der Fantasie auf die Sprünge zu helfen, gibt es unweit der Baustelle in einem angemieteten Büro seit kurzem eine 33 Quadratmeter kleine, vollmöblierte Wohnung zu besichtigen. Ein bisschen dumper ist es dort, weil der originalgetreue Balkon hier eben nur Blick auf eine Bürowand bietet. Dafür kann das Schlafzimmer mit Raumteilern abgetrennt werden, die Küche mit einigen Handgriffen hinter Trennelementen verschwinden. Ersonnen hat das der Grazer Architekt Thomas Pucher, der für die Architektur des Hauses verantwortlich ist. Um 55.000 Euro Aufpreis kriegen Wohnungskäufer die möblierte Wohnung, inklusive Samtmöbel und Lampenschirmen. Raum für Individualität bleibt da wenig, nur das Fotomotiv auf der Trennwand darf man sich selbst aussuchen. Müller glaubt, dass das Konzept für Menschen interessant ist, die nur einige Tage in der Woche in Wien sind. Bestellungen habe es bereits gegeben.

Wohnen in der goldenen Kuppel

Nicht im ersten Bezirk, aber nur einen Steinwurf entfernt steht das Palais Kolin im neunten Bezirk. In einem Gründerzeithaus wurden von WK Development seit 2015 in den Regelgeschoßen und im bereits ausgebauten Dachgeschoß 35 Wohnungen errichtet. Dabei gab es eineinhalb Jahre Bauverzögerung. Das in den 1870er-Jahren erbaute Haus stand – wie in dieser Gegend üblich – auf Holzpfählen. Aus statischen Gründen mussten diese ausgefräst und mit Beton unterspritzt werden.

Nun biegt das Projekt in die Zielgerade ein: Die Wohnungen in den unteren Geschoßen sind übergeben. Die meisten Käufer kamen aus Österreich, berichtet die zuständige Maklerin Cathrin Markiewicz vom Maklerbüro Wohnkonzept. Manche der Wohnungen würden nun als "typische Theaterwohnungen" von Eigentümern aus den Bundesländern genutzt. Aber auch die eine oder andere Studentenwohnung befinde sich im Haus, und auch Jungfamilien seien eingezogen.

Penthouse noch frei

Vier Wohnungen sind noch zu haben, darunter ein Penthouse mit 236 Quadratmetern Wohnfläche, das sich über zwei Ebenen erstreckt und dessen Wohnbereich sich in einer goldenen Kuppel mit verschiebbaren Elementen auf dem Dach befindet. Sie wurden in den 1980er-Jahren vom damaligen Eigentümer, einer Bank, errichtet. Hier waren die Vorstandsbüros untergebracht. Das Interieur des Penthouses wird dieser Dekadenz in nichts nachstehen. Allerdings ist dafür noch Fantasie nötig: Es befindet sich im Rohbau, damit der Käufer oder die Käuferin es sich nach seinem bzw. ihrem Geschmack einrichten kann. Interessenten kommen oft gleich mit eigenem Innenarchitekten zu Besichtigungen.

Die Quadratmeterpreise liegen im Dachgeschoß bei 21.000 Euro – und ähneln jenen Beträgen, die im ersten Bezirk bezahlt werden. Immerhin: Von der Dachterrasse des Penthouses hat man freie Sicht hinüber in die Innere Stadt. Markiewicz ist überzeugt: "Da fühlt man sich wie der Kaiser." (Franziska Zoidl, 3.8.2020)