Nur wenige Wochen nach dem roten Mitgliedervotum sieht sich SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wieder innerparteilicher Kritik ausgesetzt.

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Hans Peter Doskozil kann es nicht lassen. Während SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner versucht, in der Corona-Krise mit gesundheitspolitischen Vorschlägen zu punkten, stellt der burgenländische Landeshauptmann neuerlich die Zukunft der roten Spitze infrage. Am Donnerstag erklärte er im Ö1-Morgenjournal, dass die SPÖ nicht automatisch mit Rendi-Wagner in die nächste Wahl gehen solle. Vielmehr schwebe ihm vor, dass grundsätzlich der- oder diejenige mit den besten Zustimmungswerten auch Spitzenkandidat wird. Ob er selbst auf den Chefposten schiele, ließ er auf Nachfrage offen.

Schon vor ein paar Tagen kritisierte Doskozil die schlechten Umfragewerte der SPÖ auf Bundesebene. Tatsächlich konnte Rendi-Wagner in der Corona-Krise aus ihrem Ärztinnen-Hintergrund kaum Kapital schlagen. Die SPÖ stagniert bei etwa 18 bis 20 Prozent. Und das, obwohl die türkis-grüne Regierung viele Vorschläge der roten Parteichefin – beispielsweise die Wiedereinführung der Maskenpflicht – wenig später selbst aufgriff und umsetzte.

Verpflichtende Corona-Tests

Kurz nach Doskozils Auftritt im Radio lud Rendi-Wagner am Donnerstag jedenfalls zu einer Pressekonferenz. Das Thema im "Roten Foyer": Die SPÖ fordert nun verpflichtende Corona-Tests für Tourismusmitarbeiter im Zwei-Wochen-Intervall. Die Tests müssten durch die Bundesregierung einheitlich organisiert und finanziert werden, sagt Rendi-Wagner. "Das kann man nicht auf die Bezirke abschieben." Darüber hinaus verlangt die Chefsozialdemokratin einen klaren Fahrplan für Tourismusbetriebe für "den Ernstfall".

Scharfe Kritik übte Rendi-Wagner am bisherigen Umgang der Regierung mit den Corona-Tests: "Es wird nach wie vor in Österreich zu wenig und viel zu langsam getestet. In einigen Ländern Europas geht das in wenigen Stunden." Hierzulande dauere es nach wie vor fünf bis sechs Tage.

Tatsächlich wurde zuletzt bekannt, dass die Teststruktur der Regierung noch nicht wirklich angelaufen ist. Die angekündigten 65.000 Tests pro Woche wurden bei weitem nicht erreicht. Ende Juli gab es nur 24.000 Anmeldungen und etwas mehr als 10.000 Abstriche.

Eingriff in Freiheitsrechte

Aber wäre eine gesetzliche Verpflichtung für Tests, wie von der SPÖ angedacht, überhaupt möglich? Durchaus, erklärt der Verfassungsrechtler Peter Bußjäger auf Nachfrage des STANDARD. Was es braucht, sei eine gesetzliche Grundlage, die man auch erst schaffen müsse. Denn derzeit wird ein verpflichtender Eingriff im Epidemiegesetz explizit ausgeschlossen. Eine Testpflicht sei zwar ein "sehr starker Eingriff in die Freiheitsrechte", aber bei entsprechendem öffentlichem Interesse könnten diese eingeschränkt werden.

"Und nach allem, was wir bisher wissen, ist das Gastgewerbe die Berufsgruppe, die am stärksten dem Corona-Risiko ausgesetzt ist und von der es am stärksten ausgeht", sagt der Jurist Bußjäger. "Das ist ein gewichtiges öffentliches Interesse."

Die Aussagen ihres Parteigenossen Doskozil kommentierte Rendi-Wagner am Donnerstag übrigens nicht. Sie verwies auf die Mitgliederbefragung, durch die sie im Mai als Parteichefin bestätigt wurde. Mehr als 90 Prozent der Befragten gaben dabei auch an, dass interne Streitigkeiten nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollen. Sie, Rendi-Wagner, halte sich daran. (Jan Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt, 30.7.2020)