Vielleicht wäre Hans Peter Doskozil der bessere SPÖ-Chef. Er ist der derzeit erfolgreichste Sozialdemokrat, gemessen an Wahlergebnissen. Er drängt an die Öffentlichkeit. Er hat auch rote Themen – wie etwa den Mindestlohn. Er deckt als Sicherheitsmann aus dem Burgenland eine rechte Flanke ab, die in der Sozialdemokratie seit langem schwach besetzt ist. Womöglich wäre er ja geeigneter als Pamela Rendi-Wagner. Aber nach den dauernden Querschüssen und Andeutungen und der ewig gleichen Leier muss ihm doch irgendjemand einmal sagen: Treten Sie vor den Vorhang, Herr Landeshauptmann! Oder verhalten Sie sich endlich ruhig.

Hans Peter Doskozil bringt sich in Stellung.
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Denn Doskozil ist inzwischen zum Stachel im roten Fleisch geworden. Alleine in der vergangenen Woche gab er der "Kronen Zeitung" ein großes Interview, hielt eine Pressekonferenz mit seinem blauen Ex-Ministerkollegen Mario Kunasek ab und ließ sich vom Ö1-"Morgenjournal" befragen. Abgesprochen ist das mit der Bundespartei natürlich alles nicht. Man könnte meinen, er befinde sich im Wahlkampf. In Wirklichkeit kämpft er an einer einzigen Front: der für Hans Peter Doskozil.

Seine Partei beschädigt das gleich an mehreren Stellen. Tatsächlich gewählt wird bald in Wien, der großen roten Bastion. Angeblich hat die Wiener Landesgruppe sogar mit ihm vereinbart, dass er sich in den kommenden Monaten zurückhält und nichts anzündet. Dieses Abkommen ist offenkundig perdu. Die Wiener SPÖ war schon immer stärker als die Bundespartei und steht auch aktuell in Umfragen nicht schlecht da. In einem Wahlkampf ist es fatal für sie, wenn ständig über das wankende Mutterschiff oder die schwache Bundesspitze diskutiert wird.

Führungsdebatte

Von Pamela Rendi-Wagner fordert Doskozil, sie soll mehr sozialdemokratische Themen setzen. Bloß ist das denkbar schwierig, wenn sie bei jeder Pressekonferenz und in jedem Interview zu seinen letzten Sagern Stellung nehmen muss. Der burgenländische Landeschef wiederholt ständig, er wolle keine Führungsdebatte. Und sagt im folgenden Satz, dass sich vor der nächsten Wahl sehr wohl die Frage stellen wird, ob Rendi-Wagner die richtige Spitzenkandidatin ist. Damit mag er recht haben. Es steht aber keine Nationalratswahl an. Es zeichnen sich auch keine Neuwahlen ab. Das jetzt zu diskutieren kann nur einen Zweck haben: Er bringt sich in Stellung.

Dabei scheint sich Doskozil seiner Sache überraschend sicher zu sein. Gewiss gibt es SPÖ-Mitglieder und Funktionäre, die sich den starken Mann aus dem Burgenland als Chef wünschen. Vielleicht würde er in Zeiten, in denen aufstrebende Grüne die Wähler am linken Rand wegfischen und die Freiheitlichen straucheln, auch gute Chancen haben, die SPÖ zu stärken. Aber davor müsste er erst einmal zum Bundesparteivorsitzenden gewählt werden – und derzeit schafft er es vor allem, möglichst vielen mächtigen Genossen gehörig auf die Nerven zu gehen.

Was ihm gelungen ist: Bis vor kurzem hieß es, die SPÖ habe ja gar niemand anderen als Pamela Rendi-Wagner, der sich als Chef anbiete. Jetzt ist in allen Köpfen angekommen: Der Doskozil wär’ eine Option. Der Landespolitiker selbst erklärt gerne, der Beste müsse an der Spitze stehen. Er bezieht sich dabei auf Beliebtheitsrankings. Die SPÖ muss sich fragen: Will sie den Besten für die Partei oder jemanden, der auch das Beste für die Partei will.(Katharina Mittelstaedt, 30.7.2020)