Forscher haben zahlreiche Methanaustrittsstellen rund um alte Bohrlöcher in der zentralen Nordsee gefunden.
Foto: ROV-Team/GEOMAR

Kiel – Methan ist ein äußerst potentes Treibhausgas. Es ist etwa 25-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid, weshalb es trotz seiner geringen Konzentration in der Luft rund 20 Prozent zum menschengemachten Treibhauseffekt beiträgt. Die gute Nachricht ist: Im Vergleich zu CO2, das in der Atmosphäre ein Jahrhundert zum Abbau braucht, verbleibt Methan dort "nur" zwischen neun und 15 Jahre. Umso bedenklicher ist es, dass der Methangehalt dennoch seit der vorindustriellen Zeit mehr oder weniger kontinuierlich ansteigt. Heute ist mehr Methan in der Gashülle unseres Planeten vorhanden als jemals zuvor während der vergangenen 800.000 Jahre – soweit zumindest reichen die untersuchten Eisbohrkerne zurück, auf die sich diese Messungen stützen.

Methan aus alten Bohrungen

Nun haben Forscher eine bedenkliche Quelle von Methan bestätigt: Rund um Bohrlöcher, aus denen früher in der Nordsee Erdöl oder Erdgas gefördert wurde, treten erhebliche Mengen des Treibhausgase aus. Diese Leckagen machen einen signifikanten Teil des gesamten Methanbudgets der Nordsee aus, das zeigt eine neue Studie des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, die im "International Journal of Greenhouse Gas Control" veröffentlicht wurde.

Verteilung der Bohrlöcher auf die ausschließlichen Wirtschaftszonen von Großbritannien, Norwegen, Dänemark, Deutschland und die Niederlande.
Grafik: Christoph Böttner/GEOMAR

Die Studie bestätigt auf größerer Datenbasis frühere Untersuchungen. Danach stammt das Gas aus flachen Gastaschen, die weniger als 1.000 Meter tief im Meeresboden liegen und gar nicht Ziel der ursprünglichen Bohrungen gewesen waren. Erste Hochrechnungen ergaben, dass diese Leckagen die dominante Quelle für Methan in der Nordsee ausmachen könnten.

Mehr als 15.000 Bohrlöcher

Bei knapp 1.700 untersuchten Bohrlöchern ergab sich, dass in diesem Bereich 900 bis 3.700 Tonnen Methan austreten können. "In der gesamten Nordsee existieren aber mehr als 15.000 Bohrlöcher", sagte Studienleiter Matthias Haeckel.

Unabhängig von der Studie forderte die Umweltorganisation Greenpeace am Donnerstag ein schnelles Ende der Öl- und Gasförderung in der Nordsee. Pro Jahr stoßen die 727 umweltrelevanten Anlagen im Nordostatlantik laut dem NGO 30 Millionen Tonnen CO2 aus und verschmutzen das Meer mit 9.200 Tonnen Öl und 182.000 Tonnen Chemikalien. (red, APA, 30.7.2020)