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Die Taliban und Kabul einigten sich auf eine Waffenruhe für das islamische Opferfest Eid al-Adha.

Foto: AP/Rahmat Gul

Kabul – Trotz einer Waffenruhe für das islamische Opferfest Eid al-Adha reißt die Gewalt in Afghanistan nicht ab. Seit Mitternacht Kabuler Zeit gilt eine Feuerpause zwischen der afghanischen Regierung und den militant-islamistischen Taliban, doch nur wenige Stunden zuvor wurden nach Angaben von Provinzräten bei der Explosion einer Autobombe in der Zentralprovinz Logar mindestens 18 Menschen getötet.

Dutzende weitere Menschen seien bei dem Anschlag auf einem belebten Platz in der Provinzhauptstadt Pol-e Alam verwundet worden, hieß es.

Taliban dementieren Verantwortung

Die Taliban, die auch in Logar aktiv sind, dementierten umgehend, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Doch das Innenministerium machte die militante Gruppe für den Angriff verantwortlich. "Die Taliban sind das Fundament terroristischer Aktivitäten, und sie können sich sicherlich nicht von solchen Vorfällen freisprechen", sagte Ministeriumssprecher Tarek Arian. Unter den Toten sollen auch viele Frauen und Kinder sein. Ein Video, das von Journalisten verbreitet wurde, zeigte chaotische Krankenhausszenen mit zahlreichen Verletzten und blutüberströmtem Boden.

Auch der Freitagmorgen blieb nicht ruhig. Bei einer Explosion in der nordwestlichen Stadt Herat wurde nach Behördenangaben ein Dutzend Menschen verletzt, darunter auch ein Kind. Die Hintergründe der Explosion waren zunächst völlig unklar.

Blutiger Konflikt

Der Afghanistankonflikt ist laut einem Bericht der UN immer noch einer der tödlichsten für Zivilisten. Mehr als 1.200 Zivilisten wurden demnach in der ersten Jahreshälfte 2020 in Afghanistan getötet. Seit Jahresbeginn flohen laut dem UN-Nothilfebüro mehr als 100.000 Menschen innerhalb des Landes vor Gefechten aus ihren Dörfern.

Am Dienstag hatten sich die Taliban und Kabul auf die dreitägige Waffenruhe verständigt. Die Vereinten Nationen begrüßten die Ankündigung und forderten die Konfliktparteien auf, die Gelegenheit für einen Start des Friedensprozesses zu nutzen. Seit Monaten sind Friedensgespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung geplant, doch der Konflikt im Land geht brutal weiter. Das Gewaltniveau im zweiten Jahresquartal liege "weit über historischen Normen", hieß es am Freitag in einem Bericht des US-Generalinspekteurs für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar).

Gefangenentausch gefordert

Afghanistans Präsident Ashraf Ghani ordnete unterdessen im Streit um den Gefangenentausch mit den Taliban die Freilassung von 500 weiteren Inhaftierten an. Dies sei eine Geste des guten Willens nach der Ankündigung der Taliban für die dreitägige Waffenruhe, sagte der Präsident während seiner Ansprache zum Opferfest Eid al-Adha am Freitag.

Die Taliban hingegen fordern die Freilassung von 400 bestimmten Kämpfern. Ghani habe jedoch "keine Befugnis", diese Inhaftierten freizulassen, hieß es. Zur Klärung dieser Frage will der Präsident eine sogenannte Loya Jirga, eine große Ratsversammlung, einberufen. Loya Jirgas werden in Afghanistan regelmäßig abgehalten, wenn große nationale Fragen geklärt werden sollen. Die Ergebnisse sind für die Politik aber nicht bindend.

Der Gefangenenaustausch war als Vorbedingung für innerafghanische Friedensgespräche in ein Abkommen aufgenommen worden, das die USA mit den Taliban am 29. Februar in Doha (Katar) unterzeichnet hatten. Die afghanische Regierung in Kabul war nicht daran beteiligt worden, weil die Taliban damals direkte Gespräche abgelehnt hatten. Bis zu 5.000 inhaftierte Taliban sollten im Tausch gegen 1.000 von den Rebellen festgehaltene Gefangene freikommen. Die afghanische Regierung setzte bisher 4.600 Taliban auf freien Fuß, die Taliban ließen 1.005 ihrer Gefangenen frei. (APA, 30.7.2020)